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[ Band 6 Brief 143: Caroline an Humboldt Rom, 3. November 1818 ]
143. Caroline an Humboldt Rom, 3. November 1818 Endlich geht es wirklich besser mit mir, teuerstes Herz . . . So hoffe ich, wird es wieder aufwärts gehen, und was mich nur unaussprechlich schmerzt, ist die Unruhe, die ich Dir, geliebtestes Wesen, habe machen müssen. Ich habe Deinen Brief Nr. 149 [112] vorigen Dienstag bekommen. Er folgte in allem ganz der Reihe Deiner geliebten, süßen Briefe, die mein Trost, meine Freude, meine Beruhigung sind. Ich bin von jetzt an sehr auf die Entscheidung Deiner Lage gespannt. Ich habe Dir letzthin geschrieben, was Koreff mir schrieb, daraus schien mir doch hervorzugehen, daß der Kanzler, dessen Vertrauen er ganz zu be- sitzen scheint, eben vor hatte, sich mit Dir zu beschäftigen. Wohl weil es unabwendbar war. Ohne die Zusammenkunft in Aachen, ohne des Kieß *) Erscheinen dort, wer weiß, wie lang es gedauert hätte. Ich kann mich irren, aber ich bin noch immer der Meinung, daß nicht alles in des Königs Händen war, was darin sein sollte. Bernstorffs Brief ist freundlich und hübsch, beinah unbefangen, aber er hat wohl die Billettform mit Fleiß gewählt, um in keine Entwickelung seiner Motive einzugehen. Jemand, der immer sehr gute Nachrichten hat, hat aus Berlin geschrieben, daß vor drei Monaten dort ein Staatsmann zum andern sagte: »Daß Herr von Humboldt nun nicht hierherkommt, dafür ist nun auch gesorgt.« Ich kann Dir gar nicht sagen, welch einen tiefen Ekel dieses Getreibe der Menschen, diese aufgedeckte Befriedigung ihrer kleinen und gehässigen Leidenschaften bei mir erregt. Ich bin sehr spät zu der Einsicht, zu der traurigen Menschen- kenntnis gekommen. Du wirst Dich erinnern, daß ich sie noch in den Jahren 11, 12, 13 nicht hatte. Ich bereue es nicht. Es ist ein schönes Vorrecht der Frauennatur, daß sie verständig sein ——— *) Alexander v. Humboldt. 360