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[ Band 6 Brief 116: Humboldt an Caroline London, 28. August 1818 ]
erneuert und erfrischt sie das Angedenken, indem sie den gleichen Tag und die gleiche Stunde herbeiführt. Sie ist das reinste Sinn- bild ewiger und unwandelbarer Ordnung, da man sie nur am Un- wandelbaren ewig richtig messen kann. Ich sehe eben eine andere Zeitung an, eigentlich die beste und parteiloseste. Sie hat die Nachricht auf dieselbe Weise unterm 15. August aus Hamburg. Daß Stein und Nibbio mich billigen, ist mir lieb. Ich fürchtete, sie würden für Frankfurt sein. Er- zähle Nibbio das Jetzige. Er kennt Bernstorff genau und urteilt vermutlich wie ich über ihn. Nibbio liebe ich wie Du, er ist wirklich gut und rechtlich und von der umfassendsten Gelehr- samkeit. Du hast ganz recht, liebe Seele, daß ich mich auf keine Weise muß verunglimpfen lassen. Aber man muß auch nicht alles für Verunglimpfung nehmen. Und sei sicher, was sie tun, sogar in Zeitungen hier und da verbreiten mögen, die Meinung ist bei vielen und wird nicht vernichtet werden, daß ich bei einem Geschäft und beim Dienst überhaupt bleibe, solange ich eine Möglichkeit sehe, daß es geht und daß, wenn ich es verlasse, es nicht mehr geht. Das hat mir neulich die Schlabrendorffin von ihrem Bruder in Schlesien, der mich nie liebte und ein schroffer, absprechender Mensch ist, ge- sagt. Wenn sie viel Schlimmes erzählte und ahndete, hat er ihr geantwortet: »So arg muß es doch nicht sein, sonst würde Hum- boldt nicht bleiben.« Wie ich im Jahre 1810 nach Wien ging, sagte Knobelsdorff *) schon Kohlrauschen **): »Es muß hier nicht mehr gut sein, sonst würde er nicht gehen.« Ohne daß vielleicht viele mich sonderlich lieben, ohne daß ich eben eine Partei habe, denken die Leute dies von mir, und man mag nun zehnmal sagen, ——— *) Friedrich Wilhelm v. Knobelsdorff, geb. 1751, † 1820, Militär und Diplomat. **) Geheimer Ober-Medizinalrat. Vgl. Bd. II, S. 114f. 287