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[ Band 6 Brief 109: Caroline an Humboldt Rom, 8. August 1818 ]
lichkeit, oft ohne alle eigentliche Wissenschaft, ausgedrückt, und der Phantasie wird so viel Spielraum gelassen, daß man nicht weiß, ob man die Menschen oder ihre Werke mehr lieben und verehren soll. Ich habe mir manches aufgezeichnet, und Du wirst es gewiß gern einen Augenblick ansehen. Stein schreibt mir auch: »Humboldt muß nirgend als in Berlin sein,« und wütet, Du kannst Dir denken, gegen wen. Mit einer Explikation, die bevorstehen kann mit dem Höchsten, bin ich nicht ganz Deiner Meinung. Verunglimpfen mußt Du Dich nicht lassen, es soll nicht zu einer Stelle, überhaupt zu nichts führen, allein Deinen Charakter und Dein Betragen wünsche ich im reinsten Lichte zu sehen. 110. Caroline an Humboldt Rom, 11. August 1818 Ich habe die Tage nichts getan, nichts gesehn, ich bin bloß einmal bei der Pyramide gewesen und habe mich gepflegt. Ach, ich habe gestern mit so tiefer Rührung gedacht, wie es der letzte Tag war, wo Du Wilhelm lebend gesehen hast — und ich — lebend sah ich ihn freilich noch den 14., aber dem Tode war er doch schon verfallen. Ich begleitete die Kinder damals hinunter in die caretella, wo Keller *) und Vincenza mit ihnen einsaßen und — lebensfroh eilte er dahin, von wo er nicht mehr zurückkam! Heute ritten er und Theodor nach Genzano, wo sie doch wohl beide sich die schweren Krankheiten geholt haben. Theodor heiratet vielleicht in diesen Tagen — Wilhelm liegt so tief im Schoß der Erde, daß keine Stimme der Liebe zu ihm dringen ——— *) Bildhauer, vgl. Bd. II, S. 117. 270