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[   Band 6 Brief 105:    Caroline an Humboldt     Nocera, 27. Julius 1818   ]


wirst, so wird man Dir Bülow nicht versagen, wenn Du es wünschest.
Gabrielle wünscht ungemein, er könne dereinst Gesandter in Rom
werden. Der Sinn für Rom und seine ernste Schönheit ist ihr
sehr aufgegangen.
Du schreibst mir von den Museen in London. Ja, es ist
recht eigentlich das Einzige, was ich recht bedaure, nicht zu sehen.
Der Sinn, die Kunst zu begreifen, geht einem mehr und mehr auf,
je mehr man sich in sich ausbildet. Mit dem Altwerden hat’s
nichts zu sagen, das habe ich nun auch gehörig weg. Ja, der Reiz
der Züge der vergeht, aber das innere Leben wächst wie die Jahre
sich mehren. Nur wenn einem ein Sinn vergeht, wie Gehör oder
Gesicht, das mag vielleicht eine große Änderung im Inneren her-
vorbringen, denn sie sind doch die Träger vieler Wahrnehmungen,
Empfindungen und zuströmender Gedanken.
Von Theodor habe ich noch immer nichts — ich glaube, seine
Hochzeit muß in diesen Tagen sein.


106. Humboldt an Caroline                  London, 31. Julius 1818

Daß Du nach Rom zurückgehen willst, billige ich außerordent-
lich, es ist mir sogar wie ein leuchtender Punkt in unseren
nächsten Schicksalen vorgekommen. Ich bitte Dich nämlich
nochmals auf das Dringendste, teures, geliebtes Herz, Dich, wenn
die Zeit der Abreise nahe kommt, recht zu prüfen, ob Du glaubst,
daß Dir Deutschland nicht schaden wird. Sagte Dir dies Dein
Gefühl, so bleibe in Rom und schreibe mir. Ich nehme dann auf
Grund Deiner Gesundheit einen Urlaub auf ein Jahr. Wie die
Sachen liegen, und wie Du sie kennst, glaube ich nicht, daß man
mir diesen erschweren wird. Ich ziehe ja selbst aus der Verlegenheit,

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