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[ Band 6 Brief 98: Caroline an Humboldt Rom, 1. Julius 1818 ]
Tiber ertrunken. Es betraf mich, es zu erfahren, gerade in dem Moment, in dem ich nach der Girandola fahren wollte, ich kann Dir nicht sagen, wie sehr es mich geschmerzt hat. Er war der, der die Landschaft machen sollte, die ich den Kindern schenken wollte. Er war wenige Stunden vorher im Hause gewesen, denn er wollte mit Wach, Lengerich und Lund heut auf zwei Monate ins Florentinische gehen — und nun auf eine so schmerzliche Weise verloren! Er war 22 Jahre alt, das ausgezeichnetste Talent, was in seinem Fach hier war, er wäre mit der Zeit auch Historienmaler geworden. Seine letzte Zeichnung, am Vormittage des 29. gemacht, ist ordentlich vorbedeutend. Er hatte den Ritter Hagen aus dem Nibelungenlied gemacht, der an dem Flusse weilt, an dem die Nixen ihm den Tod, den unabwendbaren, verkündigen, der seiner harrt — und den Abend fand er ihn in der Strömung der Tiber, für die er nicht gut genug schwimmen konnte! Vater, Mutter und sieben Geschwister leben, deren Stütze er sein sollte! Meine süße Seele, nimm heute mit diesen Zeilen vorlieb. Mein nächster Brief ist aus Nocera, alles rennt, packt und lärmt um mich. 99. Caroline an Humboldt Nocera, 9. und 10. Julius 1818 Wir sind am 5. angekommen und haben uns auf der Reise leidlich befunden. Der Weg, den wir gemacht haben über Terni, Spoleto und Fuligno, ist in dieser Jahres- zeit mit das Schönste, was man sehen kann, eine Vegetation, deren Schönheit und Üppigkeit ich nur mit der auf dem Wege nach Neapel vergleichen könnte, denn selbst um Rom reicht nichts dahin. 239