< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 90:    Humboldt an Caroline    London, 9. Junius 1818   ]


erwünscht kommen müssen. Das mag erwünscht sein! Die Ant-
wort wird Dir gezeigt haben, daß es schwerlich einen Winkel der
Erde gibt, in dem ich ihnen nicht zehnfach erwünschter wäre. Ich
weiß wirklich jetzt nicht, was ich glauben soll. Aber lassen sie mich
simpel zum Staatsrat zurückkommen, so tun sie es wenigstens gewiß
nicht gern.
Theodors Aufenthalt in Trier, sein Zurückkommen zu uns und
seine Heirat sehe ich als Krisen in seinem Leben an, die ent-
scheidend sein sollen. Ich behaupte immer, daß er doch Seiten
hat, von denen er viel besser ist als es sonst und so im allgemeinen
scheint. Auch sind die Eltern nicht immer die, die das Gute an
ihren Kindern am besten kennen. Die selige Mama hatte, so lange
sie lebte, etwas an Alexander und mir auszusetzen, und eine Mutter
konnte mit uns wahrlich zufrieden sein.


91. Caroline an Humboldt                     Rom, 10. Junius 1818

Ich habe gestern Deine lieben Briefe vom 19. und 22. Mai
bekommen, geliebtestes Herz. Also die Antwort des
Fürsten war gekommen und lautet wörtlich, wie Du sie
mir abschreibst? Ich kann zu den Bemerkungen, die Du über
dieselbe machst, nur das hinzufügen, daß ich sie in allem voll-
kommen unterschreibe. Ich muß doch noch das hinzufügen, worauf
Du nicht appuyierst, nämlich den Leichtsinn, dessen Stempel sie
trägt. Ich gestehe, daß ich davon frappiert bin und mit wahrem
Schmerz, in den sich nichts Persönliches mischt, denke, wie be-
deutend dieser Zug des Charakters bei einem Manne ist, der an
dieser Stelle steht. Dennoch ist die Furcht des Effekts, den

                                                                       219