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[ Band 6 Brief 87: Caroline an Humboldt Rom, 2. Junius 1818 ]
Frühlings — — und er nun schon so viele Jahre dieser blühenden Erde nur noch mit einem Grabe und Asche angehörend! Wir setzten uns zu Esel und ritten nach Genzano — Wilhelms letzter Weg — an den See, von da nach Nemi, gingen in dem niedlich angelegten Garten des Braschischen Schlosses und ritten dann den oberen Weg durch die faggiola *) nach den Kapuzinern von Albano zurück. Ein Weg voll der herrlichsten Gesichtspunkte, und der Wald in unbeschreiblicher Schönheit und Frische. Ich hatte eine Erlaubnis für die Kapuziner von dem Kardinal Consalvi. Wir gingen hinein und hinauf auf die beiden kleineren Logen, die da oben sind. Welche wunderbare Aussicht! Die Sonne sandte uns ihre letzten Strahlen zu und erhellte glänzend Meer, Inseln und Land. In rötlichen Lichtern strahlte der Berg von Terracina. San Filippo, Palmarolo und Ponza beschlossen die Aussicht. Das Val Ariccia muß doch einmal ein See gewesen sein wie der Albaner, es hat noch ganz die Form, und die Umgebung der Hügel gleicht dem eines Ufers. Wir gingen, alle erfüllt von dieser pracht- vollen Aussicht, schweigend zurück. Ich habe Dir letztens von den zwischen Marino und Castello gefundenen Vasen **) geschrieben. Die Kultur des Weinbaues hat ungemein seit drei bis vier Jahren zugenommen. Da man beim An- legen der Vignien sehr tief in die Erde gehen muß, so stieß man auf den Hügelrücken des Albanersees auf Schichten Peperino, den man sprengte. Unter diesen Schichten fand man die Vasen, jede Gar- nitur, wenn ich mich so ausdrücken darf, nämlich die Hauptvase, die immer die Form einer Capanna ***) hat, und die die Asche und Knochen enthält, umgeben von anderen Gefäßen, wie Lampen, kleine Tassen, Rauch- und Salb- und Trinkgefäße in einer großen ——— *) Buchenwald. **) Jetzt im Konservatorenpalast in Rom. ***) Hütte. 211