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[ Band 6 Brief 54: Humboldt an Caroline London, 24. Februar 1818 ]
Da ich mit Bülow ganz allein war, haben wir Deine Gesund- heit in Rheinwein getrunken, im besten, den ich habe, Du bist im echtesten und schönsten Sinn eine so deutsche Natur, daß auch kein anderer Wein paßte. Hernach habe ich ihm Gabrielen ihre, und daß er mit ihr glücklich sein möge, gebracht, aber so gut er Dir ist, muß ich doch sagen, daß er das Glas für Gabrielen mit mehr Hast ausgetrunken hat. Ich habe ihm nichts darüber gesagt, aber es hat mich heimlich amüsiert. Ich habe einen sehr lieben Brief von Hedemanns. Mit Tegel sind sie sehr zufrieden, das ist mir eine ordentliche Freude. Denn wenn Du mich auch auslachst, so glaubst Du gar nicht, welche Furcht ich vor dem kleinen Konrektor *) habe, vor Dir lange nicht so, Du lässest viel eher das Unebene eben sein, und dessen bedarf der Mensch immer. Aber der Konrektor, so gut er ist, ist viel strenger, und ich bin nur froh, endlich zu wissen, was gestohlen ist. Bülow bleibt dabei, daß aus dem Bureau Adelheids, was im Salon stand, erst nachher gestohlen sein kann. Mir scheint es auch so, allein ich habe ihm gesagt, daß wir darum doch immer die Schuld haben. Denn hätte der Jäger nicht gestohlen, so hätte man nicht gewagt, es auf seine Rechnung zu tun. Man muß sich nie unrichtig entschuldigen, die Demut habe ich wirklich. Das ist sehr wahr und tief in mir. Ich weiß immer genau im Leben, in Ge- schäften, wo ich fehlte, irrte, unrecht handelte, mir ist die Reue fremd, weil ich überzeugt bin, daß die immer auf einer unrichtigen Vorstellung beruht, daß die Schuld nicht darin lag, daß man so handelte, sondern weil das Handeln viel tiefer liegt, daß man so war, und wie man ist, wie man war zu bereuen, darin verliert sich der Gedanke, das hat keinen Begriff mehr, da ergreift einen Weh- mut mit sich selbst, mit anderen, mit dem Schicksal, aber man kann sich, selbst wenn man sich haßte, nicht anders wünschen, als man ——— *) Adelheid. 134