< zurück Inhalt vor >
[ Band 6 Brief 53: Caroline an Humboldt Rom, 23. Februar 1818 ]
Adelheids und Gabrielles Bilder von Schadow und Deine Büste waren hereingebracht und mit Lorbeer bekränzt, große Blumenmassen überall aufgestellt. Man empfing uns mit Musik, und ein kleiner Ball wurde eröffnet. Selbst Caroline tanzte zur Feier des Tages. Am 12 Uhr gingen wir über den Hof nach Haus. Ich dachte Deiner, wie Du, einzig teures Herz, voriges Jahr so freundlich und lustig und heiter warst. In Burgörner werden sie wohl auch unserer gedacht haben, die guten, armen Leute! Du sprichst so unendlich schön vom Alter in Deinem letzten lieben Brief, mein süßes Herz, daß einem alle Lust vergeht, noch die schöne Jugend zurückzuwünschen. Oh, was liegt für eine tiefe, weise Anordnung darin, daß einem nur der Moment gegeben ist! Daß in der Befangenheit der früheren Lebensjahre zugleich solch ein Reiz liegt. Ein ewig unerforschtes Geheimnis bleibt das Leben, doch wenn man nun schon, wie wir, aus seiner Höhe steht und dem Abend zuwandert, wie fühlt man da den Reichtum und die Tiefe, die Schmerzen und Erfahrungen ihm gegeben haben. Süß und sanft möge die Wandlung sein, mit der wir einer anderen Gestal- tung entgegengehen. Bei Dir möge es für mich sein, teures, liebes Herz, der Du mit unaussprechlicher Milde alle meine Schwächen getragen und meinem ganzen Leben die Weihe tiefer Erkenntnis des Besseren in mir gegeben hast. — Du schreibst von der Milde des Klimas in England. Wohl ist dies ein Trost. Überhaupt sehe ich England gar nicht ungern. Wenn ich mir zwar nicht denken kann, daß es das Land meiner tiefsten Sehnsucht sein wird, so muß es doch ein sehr mannigfaches Interesse einflößen, und den Begriff einer verschiedenartigen Natio- nalität erlangt man nur im Lande selbst. Allein, man muß nicht alles wissen, nicht alles erfahren haben. So würde denn ich mich gar leicht trösten, aber wenn es so kommt, nehme ich es mit. Ich hoffe, Dir bald etwas recht Bestimmtes über Carolinen und ihre 132