< zurück Inhalt vor >
[ Band 6 Brief 52: Humboldt an Caroline London, 20. Februar 1818 ]
Also auch die Schlegel *) ist schon im März in Rom, es ist wie das Himmelreich, das alles versammelt. Ach! wohl ein Himmel- reich, und zehnfach, da Du da bist. Die Geschichten der Verurteilten in den Zeitungen hier sind oft sehr rührend. Man ist darin sehr strenge und hart und hat eine ganz andere Art der Gerechtigkeit, als die man bei uns so nennen würde. Man fragt nur, ob die Tat geschah, und was das Gesetz sagt. Man wühlt gar nicht so in der Moralität und den Empfindungen der Armen, und mir wäre, wenn einen solche Ver- irrung träfe, das viel lieber. Aber daher geschehen auch manchmal furchtbare Dinge. Der Mann einer Frau war vor einigen Jahren nach Botany Bay verurteilt worden. Sie wollte ihm gern nach- gehen und wußte nicht, wie sie es anfangen sollte, sie war 23 Jahr alt. Sie kam auf den Einfall, falsche Banknoten zu machen, um auch verurteilt und hingeschickt zu werden, wußte aber nicht, daß darauf der Tod steht. Sie machte eine einzige von einem Pfund und wurde neulich hingerichtet. — Wir haben seit acht Tagen wirklich Frühlingswetter gehabt, oft auch Sonne, aber gestern auf einmal wieder eine Viertelstunde ganz gelben Nebel wie Dantes Hölle. Hier könnten wir wirklich sagen, wie sonst so oft in Burgörner: aber auch im Nebelmeer ist der Tropfen Seligkeit. Lebe wohl, mein einzig teures Wesen. ——— *) Dorothea, Tochter Moses Mendelssohns, geb. 1763, † 1839, in erster Ehe verm. mit Simon Veit, in zweiter Ehe mit Friedrich v. Schlegel. Vgl. Bd. I. 130