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[ Band 6 Brief 43: Humboldt an Caroline London, 20. Januar 1818 ]
selbst herab, und da ist das ganze Leben eine große, ewige Sehn- sucht. Wir reden damit gewiß beide nicht der Trennung das Wort, die wir schmerzlich fühlen, allein sie gestaltet sich anders in uns. Von den Kindern muß man nun freilich mit Billigkeit so viel nicht erwarten. Ich habe auf einmal eine große Menge Briefe aus Berlin und Coblenz bekommen, liebe Li, und will Dir jetzt nur das Wichtigste mitteilen. Eine Nachricht wird Dich doch schmerzen. Mein Bruder Holwede *) ist plötzlich gestorben. Am 26. um 1/2 12 Uhr ist er verschieden. Er hat einen Brustkrampf bekommen, der fünf Stunden gedauert hat, und den er nicht überlebt hat. Er ist vieler Unruhe entrückt. Die Familie wird allerdings in ihren Mitteln äußerst beschränkt sein . . . Wenn man auch, wie es mit Holwede und uns der Fall war, einander fast von Kindheit an fremd gewesen ist, so kann man sich doch, wenn nun von dreien einer dahingeht, nicht erwehren zu denken, wer nun und wann ihm zuerst folgen wird. Bei dem geringen Unterschied des Alters (er ist nur 55 geworden) und seiner ruhigen, gefahrlosen Lage hätte man nicht auf ihn zuerst raten sollen. Dann schreibt mir der Staatskanzler einen eigenhändigen zwei Seiten langen Brief, von gar nicht wichtigem Inhalt, er enthält sogar nichts eigentlich über Geschäfte, nur daß er sich mehr Luft gemacht, daß das Ministerium selbständiger und mehr verantwort- lich sei usf. . . . Seine Gesundheit rühmt er sehr und sagt aus- drücklich: Si Vous écrivez à Madame de Humboldt, veuillez encore me rappeller à son souvenir et la bien remercier du sien. Dites lui mille belles choses de la part de ma femme, de Koreff et de Mademoiselle Hähnel. Ein Brief von Koreff, höchst merkwürdig. Mit dem Staats- kanzler gehe es gut und werde gut gehen, weil er einsähe, daß er ——— *) Stiefbruder. Vgl. Bd. I, S. 74 und Bd. III, S. 373. 106