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[ Band 6 Brief 42: Humboldt an Caroline London, 15. Januar 1818 ]
haben kann, wenn er nicht, in welcher Lage er sei, lebhaften Anteil an allem nimmt, was im Staate vorgeht. Wissenschaft und Literatur, auch der denkende Geist in der Nation gewannen bei jenem, darüber ist keine Frage. Allein allerdings mag die Zeit etwas anderes fordern, und der Charakter der Nation jetzt gewonnen haben, und für die Wissenschaft die Frucht nachkommen. Wenigstens kann man den Strom jetzt nicht aufhalten. Er ist einmal dahin gerichtet, und man muß also nur die gehörigen Mittel finden, ihn auch so würdig und ohne daß jenes zu sehr leidet, zu leiten. Jetzt unter- drücken, über die verlorene alte schöne Zeit, so sehr ich sie dafür erkenne, jammern zu wollen, hieße das jetzige Streben ersticken und das Vorige nicht zurückbringen. Das Vergangene ist vergangen, und niemand zaubert es zurück. Das Tröstliche ist nur, daß man sich selbst dem Vergangenen zugesellt. — Stell Dir vor, daß man hier davon spricht, daß der Erbprinz von Homburg *) die hiesige Prinzessin Elisabeth *), die im Früh- jahr 48 Jahr alt wird, heiraten würde. Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich sehe nicht ab, was sie von einer Existenz in Hom- burg für Vergnügen finden könnte. Da die Herzogin von Cumberland gern Dein Bild sehen wollte, habe ich es ihr gestern abend gebracht. Sie hat es sehr bewundert, und er hat behauptet, daß es einer Lady hier, der Tante des Herzogs von Devonshire, ähnlich sähe. Die Person, die es unternähme, wie Du auszusehen, bin ich wirklich neugierig zu kennen. Es ist sicher eine reine Einbildung. Lebe innigst wohl, mein einzig teures Wesen. Ewig Dein H. ——— *) Friedrich, geb. 1769, † 1829. 1820 Landgraf von Hessen-Homburg, verm. April 1818 mit Elisabeth, Tochter Georgs III., geb. 1770. 104