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[ Band 6 Brief 42: Humboldt an Caroline London, 15. Januar 1818 ]
dann fällt die Sache wieder ins Bodenlose. Es ist närrisch, daß ich fast zu gleicher Zeit Gelegenheit gehabt habe, den drei neuen Ministern auf eine ungezwungene Art zu schreiben, Altenstein, Beyme und Klewitz. Sie werden es als ein Zeichen ansehen, daß ich mein Einverständnis mit ihnen erkläre. Mag es immer sein, ich würde auch gegen sie nicht gerade Einwendungen machen, ob- gleich ich es ihnen verdenke, sich auf diese Weise hineinbegeben zu haben. Die hiesigen Zeitungen sind viel milder gegen Preußen ge- worden. Ich habe geradezu, seit ich Dir einmal davon schrieb, nichts dazu getan, allein wenn sie wissen, daß man persönlich billige und gemäßigte Grundsätze hat, so bleibt das doch nicht ohne Eindruck. Ich habe einen Todesfall erfahren, der Dir, liebe Li, ob Du gleich den Menschen nicht viel persönlich kanntest, sehr schmerzhaft sein wird. Der arme Max Schenkendorf *) ist vor einem Monat an seinem 35. Geburtstag in Coblenz gestorben. Der Schlag hat ihn plötzlich gerührt, und es scheint beinah, daß ihn das Geschick so getroffen hat, als man eben zu seiner Geburtstagsfeier bei ihm versammelt war. Bis auf die letzten Jahre seines Lebens, wo er häuslich glücklich zu sein schien, war es ihm eigentlich nie sehr gut gegangen. Er hatte mit tausend Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, war fast von allen Menschen mißverstanden, und in unangenehme Händel verwickelt worden. Es ist ein wahrer, großer Verlust. Er war einer der sehr gut Gesinnten, von Kopf und tätig in jeder Lage, und wahrscheinlich hätte er doch auch noch mehr gedichtet. Es ist wieder einer, der voraus in das Haus der Vielen geht, wie es in einem griechischen Epigramm heißt. Mir tut es äußerst leid, ich war ihm sehr gut, und er hatte auch immer viel Anhänglichkeit für mich. Ich sehe hier sehr oft, wie natürlich in einer so großen Stadt, Leichenwagen, und bleibe fast immer stehen, ihnen nachzuschauen, ——— *) Max v. Schenkendorf, geb. 1783, † 1817. 99