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[ Band 6 Brief 38: Humboldt an Caroline London, 2. Januar 1818 ]
und Einfachheit. Etwas sehr Vorzügliches sah ich bei keinem von beiden. Manchmal arbeiten sie hier auch noch im gothischen Stil mit den Kostümen des 16. Jahrhunderts. So sah ich eine Königin Elisabeth und einen Edward VI. bei Westmacott. Dieser gießt den einen Kolossen, wie ich Dir neulich schrieb, in Erz. Der Kopf ist schon fertig und hat mir ungemein viel Freude gemacht. Der Guß ist ohne allen Fehler geraten, und es ist wohl das erstemal, daß man mit dieser Statue den Versuch gemacht hat. Die Form ist neu in Rom kürzlich genommen, nicht die alte von Dey. Der Leib ist auch bis an die Hüften fertig, aber er war noch nicht zusammengesetzt. Es sah wunderbar aus, wie die Stücke des Riesenleibes zerstreut in der Werkstatt lagen. Es wird eine einzige Zierde der Stadt werden und kostet nur 3500 Pfund. Aber freilich wird es Tage geben, wo das Haupt des Armen wie ein Berggipfel in Nebel gehüllt sein wird. Für einen Künstler muß es hier eine schreckliche Existenz sein. 39. Humboldt an Caroline London, 6. Januar 1818 Koreffs Brief konntest Du nicht besser charakterisieren, als daß Du ihn im Rausch geschrieben nennst. Was soll man zu dem allen sagen? Der Rausch wird vorübergehen und dann, wie im Pindar steht, ein bittres Nachfest kommen. Daß sehr viele den jetzigen Zustand sogar für noch schlimmer halten mögen als den, der im Winter war, ist mir sehr glaublich, und auch dies wird man auf mich schieben. Allerdings hat auch meine Kommission vollkommen gesiegt, indem der Zustand aufgehoben worden ist, den sie tadelte. Allein sie hat nicht gesagt, daß dies 93