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[ Band 6 Brief 30: Humboldt an Caroline London, 18. Dezember 1817 ]
. . . Bei der Jugend fällt mir die Geschichte der Wartburg ein. Die englischen Zeitungen fahren fort, gegen die heilige Allianz und die verbündeten Mächte zu wüten. Keiner kommt unangetastet weg, neulich aber bekam es Österreich am meisten, und es war ausdrücklich gesagt, man wolle Preußen nicht das Unrecht tun, es mit Österreich zu vergleichen. Mich läßt man jetzt in Ruhe. Es ist sehr hübsch, daß Du die Gestirne nicht versäumst und mir von ihnen schreibst. Es ist so ein einsames, stilles und doch so erhebendes und beschäftigendes Leben mit ihnen, sie sind ein sichtbares Band der Entfernten, und ich kenne nichts Traurigeres als die Erde, wenn man sie entbehren müßte, der Himmel immer nur blau und schwarz wäre, und Wärme und Licht aus dem Boden von selbst kämen. Man denkt sich das nicht so lebhaft, aber es wäre der verzweiflungsvollste aller Zustände, wenn die Erde nichts mehr dem Himmel dankte. Ich habe auch eine für eine große Stadt sehr freie Aussicht, und der Himmel ist hier eher noch des Nachts als bei Tage unbewölkt. Doch war wieder heute ein schöner sonniger und nicht kälterer Tag als im späten Oktober manchmal in Deutschland. Ich weiß nicht, durch welche Ideenverbindung mir gerade jetzt der Magnetismus einfällt. Es ist auffallend, wie hier auch überall eine entschiedene Richtung ist, alles, was dazu gehört, als Lug, Trug und Einbildung zu behandeln. Der kalte, und sogar mehr als das, der rohe Realismus, der hier an der Tagesordnung ist, läßt gar nichts aufkommen, was man nicht mit den Händen berühren und mit dem Verstande erklären kann. Alle Untersuchung wird abgeschnitten, da man gleich von der Gewißheit einer Täuschung ausgeht, und es ist so nicht in einem, sondern in allem. Dagegen lassen sich dieselben Menschen ganz gewöhnlich von Quacksalbern durch Universalmedizin behandeln, die hier unbegreifliches Glück machen. 77