< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 29:    Caroline an Humboldt     Rom, 13. Dezember 1817   ]


29. Caroline an Humboldt                      Rom, 13. Dezember 1817

Koreff schreibt mir über die Veränderungen im Ministerium
in Berlin. Er sagt, der Staatskanzler reise in die Rhein-
provinzen, »um auch diesen sein schönes, fürstliches Wort
zu halten. Die Verleumdung habe sich gefallen, seine todesgefähr-
liche Krankheit in eine politische Maske umzuwandeln, um dieser
Reise überhoben zu sein; er gehe nun trotz der Jahreszeit, der eben
überstandenen Krankheit und seines hohen Alters hin, um durch
seine strahlende Persönlichkeit aller Herzen dem preußischen Thron zu
gewinnen und zu zeigen, welch’ ein herrlicher Geist unsere Regierung
belebe.« Dann sagt er von der Ministerialveränderung in Berlin,
sie sei ganz, ganz unerwartet gekommen. »Niemand wußte um das
Geheimnis als wir viere.« (Wer diese vier sind, weiß ich deshalb
noch nicht.) Selbst der Bruder des Fürsten habe nichts gewußt
und sei wütend, daß er so gar nichts erfahren habe. Bülow habe
in seiner Herrschsucht sich schon als künftiger Staatskanzler ange-
sehen und habe alles darauf angelegt, sich eine Partei zu schaffen,
was ihm denn auch nicht schwer geworden, denn, wenn man 40 000
Taler ohne königliche Erlaubnis an Gratifikationen wegschenke, so
sei es nicht eben schwer, sich eine Partei zu machen. Über den
Generalkontrolleur und besonders, daß es Ladenberg sei, der strenge
Sohn der Akzise, seien die Minister wütend. Dies alles schreibt
Koreff ohne alle Veranlassung von meiner Seite, mir geradezu auf
der Post, nicht einmal in dem Paket der Gesandtschaft. Er legt
mir dann noch eine Abschrift eines außerordentlich freundlichen
Schreibens des Staatskanzlers bei, mit welchem dieser ihn bittet,
ihn auf der Rheinreise zu begleiten, und bittet mich um einige Be-
stellungen in Rom. Der ganze Brief hat mich außerordentlich ge-
wundert, denn er ist wie in einer Art Rausch geschrieben. Ich,
meine süße Seele, denke wie du über dies alles und sehe doch eine

                                                                     75