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[ Band 6 Brief 20: Humboldt an Caroline London, 19. November 1817 ]
Plan, mich zurückzuziehen, da man bei dieser Zusammensetzung des Ministeriums mich noch lieber fernhalten und noch mehr, mich entbehren zu können glauben wird. Wundern soll es mich nur, ob der Staatskanzler mir davon schreiben wird. Ich zweifle daran, und tue es sonst natürlich auch nicht. Also die Barthische Übersetzung des Tacitus ist Dir gerade in die Hände gefallen? Es ist mir sehr lieb. Sie ist zwar voller Fehler, hat aber etwas Originelles und nimmt dem Tacitus weniger als andere, vielleicht übrigens bessere, seine Eigentümlichkeit. Wie sie herauskam, mochte ich höchstens 15 Jahre alt sein, sie machte aber einen erstaunlichen Eindruck auf mich und hat mir den ersten Anstoß zum Übersetzen gegeben. Ich machte gleich mit einem anderen lateinischen Schriftsteller den Versuch. Tacitus ist allerdings höchst merkwürdig und anziehend. Überhaupt wollte ich, Du läsest mehr lateinische Schriftsteller, namentlich Sallusts Catilina. An guten und dem Original schon durch die Sprache nahezu vorzüglich älteren italienischen Übersetzungen fehlt es nicht. Es ist der Übergang zum Modernen, und wenn weniger Einfachheit und Fülle der Natur darin ist, so hat die Sprache eine gewisse Kürze und Würde, die man immer bewundern muß. In der Ursprache zu lesen ist freilich besser. Aber es erfordert auch viel Zeit und bloß mechanische Mühe dahin zu kommen. Jetzt müssen, wenn die Post keine Veränderung macht, die Briefe wie eine Uhr richtig gehen. Wir schreiben regelmäßig alle Mittwoch und Sonnabend, die Tage, die unmittelbar auf meinen deutschen Posttag folgen. Ich habe mit Fleiß diese gewählt, damit Bülow Zeit zum Schreiben an Gabriele hat. Mir ist es gleichviel, da ich immer fertig werde und Herr bin, es einzurichten, wie ich will. Da er von meiner Arbeit abhängt, ist er in einem anderen Fall, und man muß die einzige Beruhigung in der Abwesenheit nicht stören. Ach! wohl ist es die einzige, nicht für sie bloß. 55