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[ Band 6 Brief 15: Humboldt an Caroline London, 8. November 1817 ]
15. Humboldt an Caroline London, 8. November 1817 Du schreibst von furchtbarem Wetter am 18. Oktober, liebe Li, und hier war gestern ein so warmer Tag, daß Alexander selbst es gar nicht begriff und meinte, es sei wie eine italienische Lust. Ein paar Stunden lang schien auch die Sonne sehr schön. Überhaupt hat man vom hiesigen Klima doch gar keinen Begriff, wenn man es nicht erfahren hat. Es ist von einer wunderbaren Milde, jetzt ist der Rasen noch ganz grün, und er soll es bis Weihnachten bleiben. Der völlig heitere Himmel ist allerdings sehr selten und existiert vielleicht nie, allein der Nebel bleibt doch auch nicht unveränderlich. Dann hat der Nebel etwas Charakteristisches hier, nämlich eine gewisse bronzegelbe Farbe, die zwar die Menschen am meisten verabscheuen, die aber macht, daß die hiesige Luft mit dem Tiber unter den Flüssen vergleichbar ist. Wirklich ist der Nebel hier, wie man es auch im Ossian sieht, nicht so prosaisch grau wie bei uns. Bei allem dem aber, mein teuerstes Herz, sei froh, daß Dich nicht dieser Himmel drückt, sondern Du frei und heiter zu einem schöneren aufblickst. Nur muß man, was einen einmal umgibt, doch kennen und ihm nicht unrecht tun. Der 18. Oktober wird also auch in Rom gefeiert; hier ist natürlich, da England an der Schlacht nicht teilnahm, keine Spur davon. Bei mir aß Sickler den Tag, und wir haben seiner um so mehr gedacht, als ich gerade Rheinwein hatte. Von dem großen Fest auf der Wartburg wird wohl auch Kunde zu Dir gedrungen sein. So etwas wäre ehemals in Deutschland unerhört gewesen, und der Geist hat sich, wie man auch daran ersieht, wahrhaft ge- hoben. Ein Glück ist es auch, daß die Wartburg gerade Weimar gehört. Der Herzog *) hat immer einen guten und geraden und Freiheit gewährenden Sinn. ——— *) Karl August, Großherzog von Sachsen-Weimar, geb. 1757, † 1828. 42