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[   Band 6 Brief 12:    Caroline an Humboldt     Rom, 4. November 1817   ]


nicht der rechte Ausdruck) solchen Eindruck gemacht, beweist,
wie vieles andere dort, doch eigentlich die gewisse Inseleinge-
schränktheit.
Adieu für heute, mein geliebtes Kind. Wir wollen morgen
auf zwei Tage nach Tivoli. Adieu!

13. Humboldt an Caroline   London, 5. November 1817

Vom Altwerden, dessen Du bei Gelegenheit des kleinen Raben
erwähnst, halte ich in der Tat nichts. Ich wüßte nicht
das Mindeste zu nennen, worin die Jahre Dir, süßes
Herz, oder mir geschadet hätten. Du und ich haben dieselbe Kraft
und Lebendigkeit wie sonst und sind gewiß in vielem besser und
reicher. Man kann nur gewinnen durch das Leben. Alter und
Jugend sind gar nicht so geschieden, und es ist eine falsche Ansicht,
das Alter als ein Vergehen, ein Abnehmen zu betrachten. Es ist
nur eine andere Art zu sein, in der man der Jugend nichts zu
beneiden hat, in der es aber allerdings schön ist, wie wir beide
auch tun, die Jugend zu ehren und sie wie etwas Göttliches anzu-
sehen, das sich selbst nicht versteht und kennt, aber in schöner
Sicherheit seine Bahn geht. Es ist auch in den Griechen sehr
schön, daß sie, um die Jugend zu erheben, nie das Alter herabsetzen,
das vielmehr noch ganz außer der Ehrwürdigkeit immer zugleich
mit Milde, Lieblichkeit und Grazie umgeben wird. Auch in der
Bezeichnung der Stufen und Grenzen des Alters liegt sehr viel,
und es ist immer ein Zeichen eines sinnlichen und verderbten Zeit-
alters, wenn man, was man Jugend nennt, in so enge Schranken
zusammendrängt, und die wichtige Mittelstufe zwischen Jugend und

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