< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 6 Brief 11:    Humboldt an Caroline    London, Portland Place 17,   ]


in Tegel bei Kunth *) ganz neuerlich gegessen hat, habe ich gesehen,
und der von Tegel wie von einem englischen Landsitz spricht, den
Turm von Spandau kennt und versichert, daß der See und der
Weinberg überaus schön wären. Erzähle das ja Adelheid und
August. Haben die beiden denn den Tegelschen See im Vatikan
gesehen? Wenn sie es nicht haben, so schicke sie ja hin. Du kennst
ihn aber vielleicht selbst nicht? Nun, über den Logen ist, wie Du
weißt, noch eine offene Gallerie, in der lauter Landkarten gemalt
sind, und da ist auch, ohne den Namen, aber sonst so deutlich als
möglich der Tegelsche See abgebildet, was wirklich beweist, daß er
damals schon existierte und nicht erst so neuerdings zusammen-
gelaufen ist. Verzeih, daß ich so von einem ins andere komme.
Heute mittag ißt Alexander und Arago mit mir, und mein Koch
kocht zum erstenmal. Ich zittere, nicht vor dem Essen, aber vor dem
Gelde.
Ich habe Wedgewood gekauft, recht hübsches für den täglichen
Gebrauch. Bülow hat nicht erlaubt, daß ich ganz ordinäres, wie
wir, als wir heirateten hatten, nehmen durfte. Er hielt das gegen
die Ehre des preußischen Namens. Gott, wie viel hübscher war
die Zeit, wo ich und Du in Burgörner den Abend an dem kleinen
Tischchen zusammen aßen, bloß die lieben Kinder fehlten, aber man
hatte sie alle in Hoffnung und keines verloren! Das Glück, innig-
liebes Herz, was Du mir gegeben hast, ist wirklich namenlos, und
ich kenne kein Gefühl, daß ihm gleichkommt, als das der Dankbarkeit
gegen Dich und gegen das Schicksal dafür.
Lebe wohl, bestes, süßestes Wesen. Umarme alle Kinder.
                               Ewig Dein H.

———
*) Gottlob Johann Christian Kunth, geb. 1757, † 1829, erster Erzieher
der Humboldtschen Brüder. Staatsrat.

                                                                         35