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[ Band 6 Brief 10: Caroline an Humboldt Rom, 1. November 1817 ]
dem kleinen Kämmerchen ist, in dem nur ein Fenster ist, so dämmern nach und nach die lieblichen Bilder aus der Verdunkelung der Zeit und des Mangels an Aufsicht wieder auf, und man erkennt sie bis auf einige wenige alle. Ich muß heut schließen. Wir sollen in einer Stunde fahren, und noch ist nichts besorgt. Lebe wohl, geliebtes Herz. 11. Humboldt an Caroline London, Portland Place 17, 1. November 1817 Ich schreibe Dir, liebe Li, zum erstenmal aus meinem Hause. Es ist mir sehr lieb, daß ich jetzt darin bin, und die Hoffnung, Dich einmal darin zu sehen, täuscht ein wenig die tiefe Sehnsucht. Du wirst besser hier sein wie die meisten Frauen. Die Lieven, die Frau des russischen Botschafters *) muß des Nachts auf dem Sofa schlafen, auf dem sie bei Tage sitzt. Alexander ist gestern angekommen. Er wohnt aber nicht bei mir, obgleich sein Zimmer bereitet war. Du kennst seine Passion, immer mit einem Menschen zu sein, der ihm zu jeder Zeit nun eben der liebste ist. Jetzt hat er einen Astronomen Arago, von diesem will er sich nicht trennen, und beide zu logieren, wäre wohl physisch möglich, aber mir sehr umständlich gewesen. Ich hätte Betten mieten und solche Anstalten treffen müssen. Sie wohnen also in einem nicht entfernten Wirtshaus. Die Berg war auf zwei Tage in die Stadt gekommen. Ich war gestern bei ihr, als Bülow mir die Nachricht von Alexanders ——— *) Christoph Andrejewitsch, Fürst Lieven, geb. 1774, † 1839, seit 1809 russischer Gesandter in Berlin, 1812—1834 in London. Seine Gemahlin Dorothea v. Benkendorf, geb. 1784, † 1857, spielte eine hervorragende Rolle in der Diplomatie. 30