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[ Band 6 Brief 10: Caroline an Humboldt Rom, 1. November 1817 ]
10. Caroline an Humboldt Rom, 1. November 1817 Ich weiß durch die Zeitungen, daß Du, meine liebe Seele, den 7. Dein Kreditiv übergeben hast, aber ich habe noch immer keine Briefe von Dir seit Deinem letzten aus Brüssel vom 24. September. Sehnsuchtsvoll sehe ich nach Briefen von Dir aus, mein bestes Herz, und ohne die Zeitungen würden wir in Sorgen sein, Gabrielle und ich. Sie schreibt Bülow gewiß sehr dolente, denn sie sieht so weh und sehnsuchtsvoll aus, daß man sie nicht ohne Teilnahme ansehen kann. Das Wetter hat sich so seit drei Tagen gehoben, daß wir heut Nachmittag nach Albano gehen und erst Montag abend oder Dienstag wiederkommen wollen. Gestern waren wir mit Vergün- stigungen vom Kardinal Consalvi *) auf der Engelsburg und in St. Giovanni e Paolo. Es war eine Aussicht und Klarheit auf den Bergen, wie man sie nur in Oktobertagen sieht, und die Hügel der Stadt, besonders der Aventin, Palatin und Quirinal stellen sich so abgesondert, so schön, so bestimmt in ihrer Form. Zwischen dem Quirinal und dem Palatin trat in der Ferne der Soracte ein, klar, rein, als sei er ein Gebild, aus Himmelshöhen herabgesunken. Die Sonne ging hinter dem Palatin unter und spielte lang in den Ruinen der Kaiserpaläste und dem Gebüsch. Wie ganz verloren mußt ich in dem Anblick stehen. Was hat sie hier beleuchtet! Welche Welt ist vor ihr aufgegangen und wieder versunken! Sie aber in ihrer Herrlichkeit und Unvergänglichkeit bleibt ewig dieselbe. Vorgestern waren wir auch mit Empfehlung des Kardinals im Vatican in den Zimmern des Papstes und unter anderen auch in einem kleinen, von Rafael eigenhändig ausgemalten Badekabinett des Papstes Julius II., das ich nie gesehen hatte. Die Malerei ist unbeschreiblich mitgenommen, aber wenn man eine Weile in ——— *) Ercole Consalvi, geb. 1757, † 1824, Staatssekretär Pius’ VII. 29