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[ Band 6 Brief 2: Humboldt an Caroline London, 10. Oktober 1817 ]
aber schlechter meublierte Zimmer zu Schlafstuben, Sekretärwohnungen usf., und im obersten Stock sind die Bedientenzimmer. Du siehst, wie traurig und unbequem diese Einteilung ist, aber sie ist Landessitte. Es mag mit der Konstitution zusammenhängen, daß jeder Bürger in seinem Hause allein und frei sein will, und man also so kleine Häuser gebaut hat. In meinen übrigen Einrichtungen bin ich noch nicht fortgerückt, vor allen Dingen fehlt mir ein guter Kammerdiener oder Haus- hofmeister. Aber ich will Dich nicht mit meinen Miseren ennuyieren, holde Seele, sie sind einmal an eine Existenz, wie meine hiesige, geknüpft, und ich muß sie also mit ertragen und mir, so gut ich kann, heraushelfen. Heute hat, wie Du Dir nicht vorgestellt haben würdest, Frau v. Berg *) bei mir gegessen. Sie ist mit der Herzogin von Cum- berland **) in England, und diese hält sich jetzt in einem Bade Tunbridge Wells auf. Wie die Herzogin meine Ankunft erfahren, hat sie die Berg hergeschickt. Was aber das Schlimmste ist, so muß ich selbst nach Tunbridge Wells. Es ist 36 englische Meilen weit, ich hatte aufs deutlichste gesagt, daß ich sehr ungern hinginge, aber die Herzogin hat so gedrungen, so versichert, der König habe ihr geschrieben, ich würde mich gleich mit ihr besprechen, daß ich es nicht abschlagen kann. Ich fahre übermorgen mit der Berg den Morgen hier um 10 fort, esse den Mittag bei dem Herzog ***) und bin den folgenden Tag bei guter Zeit wieder hier. Alles dies ist möglich und sogar, wenn man will, leicht, allein es ist fatigant, ennuyant und kostbar, aber daran denken die Menschen nicht. Es ——— *) Die bekannte Freundin der Königin Luise. **) Friederike, Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, Schwester der Königin Luise, geb. 1778, † 1841. Vgl. Bd. V, S. 340. ***) Ernst August, geb. 1771, † 1851, fünfter Sohn Georgs III., 1837 König von Hannover. 10