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[ Band 6 Brief 1: Humboldt an Caroline London, 6. Oktober 1817, Brunets Hotel, ]
der die gerühmten kleinen Gartenpartien in sich hat. Meine bon- mots gegen London sind alle vor mir hierhergedrungen, und es ist ordentlich hier Sprichwort geworden, daß das Gras kein Verdienst hat, hier grün zu sein, weil der Himmel so schwarz ist. Bülow hat eine wahre Sternpassion. Er hat den Bode *) mit sich, und ich habe in Hellevoetsluis nichts getan als ihn studiert. Ich weiß wieder alle Sterne auswendig. Den Morgen zwischen 3 und 4, selbst bis 5 ist der Himmel jetzt unbeschreiblich prächtig. Ich bin gestern gar nicht ausgegangen, aber Palmella **), Lord Burghers, der Gesandter in Italien ist, und Esterhazy ***) kamen zu mir. Heute aß ich bei Palmella, der sehr liebenswürdig ist, und den Abend nahm er mich mit in seine Loge in Drurylane, wo Kean †), der größte Schauspieler hier, in »Richard III.« nach langer Zeit zuerst wieder auftrat. Es war eine sehr gute Loge, die eigene des Prinz Regenten ††), die er ihm geliehen hatte, so verstand man leidlich. Das beste Spiel hier ist nicht so gut wie das bei uns, aber dem französischen ziehe ich es weit vor. Es geht wohl über die Natur, aber doch nicht ihr entgegen. Erst um ein viertel auf 1 war es aus. Es schlägt eben 2 Uhr. Das Leben ist hier etwas wunderbar. Um 8 Uhr stehe ich auf, um 7 esse ich zu Mittag, und die Nacht ist unbestimmt. Lebe wohl, meine innig und einzig Geliebte! Ich umarme Dich in Gedanken in unendlicher Sehnsucht. Ewig Dein H. ——— *) Buch über die Sterne mit Atlas des Astronomen Johann Elert Bode. **) Pedro de Sousa, Herzog von Palmella, geb. 1781, † 1850, portu- giesischer Gesandter in London. ***) Prinz Paul Esterhazy, geb. 1786, † 1866, österreichischer Botschafter in London von 1816—1842. †) Edmund Kean, geb. 1787, † 1833. ††) Georg IV., König von Großbritannien und Hannover, geb. 1762, † 1830, führte für seinen geisteskranken Vater von 1811 bis zu dessen Tod 1820 die Regentschaft. 8