< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 5 Brief 180:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 24. August 1817   ]


dacht ich es mir gar nicht, and dann ringsherum das unendliche
Meer und die himmlische Aussicht. Daß Du selbst findest, daß
man Unrecht hätte, sich in Ischia über die Hitze zu beklagen, ist
mir ein wahrer Trost, obgleich auch ein heimlicher Schreck. Wenn
Du nicht klagst, könnte ich leicht einheizen, süßes Kind. Es ist, ach
Gott, wirklich nirgends warm.
August und Adel sind wirklich mit Tegel zusammengewachsen.
In Rom und Neapel daran zu denken, beweist die wurzelnde
Kraft des Menschen. Uns, geliebtes Wesen, ist sie nicht gegeben.
Noch bei der Aussicht von Ottmachau sagte auch Bülow als ich
sie schön fand: »Ja, und wenn man denken kann, daß, was man
sieht, einem selbst gehört, ist sie doppelt schön«. Ich schwieg, aber
dachte das Meinige. Ich verlange in dieser Art von der Erde nicht mehr
als von den Gestirnen, daß sie sich gütig ansehen läßt und einem
wieder freundlich ins Herz lächelt. Zu den Gestirnen aber hat
Bülow Lust, es ist außer seiner Liebe das Einzige, wo ich be-
merkt habe, daß er aus dem Kreis des Lebens irgendwo hinaus
will. Auch habe ich ihm viele kennen gelehrt. Einen Morgen
waren sie himmlisch. Alle die großen Zeichen, Stier, Zwillinge,
Orion und mitten darin Venus, wie eine Sonne strahlend, dann
noch ein Planet, vermutlich Saturn. Ich habe unendlich Deiner
und der Nächte in Burgörner gedacht, wo wir immer warteten
daß der Fomalhaud über den Kirchberg kommen sollte. Wir haben
doch immer ein sehr eigenes Leben geführt, und da ich den festen
Glauben habe, daß meist die Dinge schließen wie sie beginnen, so
denke ich, muß es wieder so werden. Im Innern ist uns beiden
alles dazu geblieben, ja man kann wohl sagen, es ist uns gewachsen,
Dir und mir, die Jahre haben uns gegeben, statt zu nehmen. In
Dir ist es unendlich der Fall, und ich kann mich jetzt abwesend in
dem Gedanken daran, wie wenn wir zusammen sind, im lieben
Anblick verlieren. Was ein Mensch einem Menschen geben kann

                                                                       383