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[   Band 5 Brief 173:    Humboldt an Caroline    Burgörner, 3. August 1817   ]


                  Besiegt dann von des Todes Schauern
                  lieg’ ich, wie sonst ich oft gestanden,
                  zu schaun vom Berge auf die teuren Mauern,
                  die fest mich hielten in der Liebe Banden.

                  Und so kann, wie er hat begonnen,
                  sich meines Daseins Kreis auch schließen,
                  daß, was zuerst mein Herz gewonnen,
                  sieht seinen letzten Abendschein verfließen.

Lebe wohl, innig geliebte, teure Seele. Umarme alle Kinder,
vor allen die arme, liebe Caroline. Ewig Dein H.


174. Caroline an Humboldt                   Lacco, 1. August 1817

Meine teure geliebte Seele!
Die angenehmste Nachricht, die ich Dir wohl geben kann, ist,
daß es mit Carolinen so gut geht wie wir es nur irgend
wünschen können. Der Gesichtsschmerz ist wirklich seit
neun Tagen verschwunden. Wie sehr die Schmerzlosigkeit dieser Tage
und Nächte und der ruhige Schlaf ihr aufgeholfen hat, kann ich
nicht genug sagen. Sie hat ordentlich Farbe, und ihr Auge ist
ruhig und klar. Da sie ungemein weiß ist, so weiß, daß ihr selbst
die italienische Sonne nichts anhat, so kann man wohl sagen, daß
sie lange nicht hübscher gewesen ist als eben jetzt. . . .
Thorwaldsen ist wirklich ungeheuer fleißig gewesen, doch mehr
noch im Erfinden als im Vollenden des Marmors. Sein Alexander-
zug prangt in Monte Cavallo als Fries, doch nur in Gips.
Canova ist als Künstler nicht weiter gekommen. Die ge-
wisse Flachheit seines Wesens spricht sich auch in seinen Werken
aus. D’Este sagte mir, daß die Statue, die er dem Papst schenken
wolle, 25 000 Piaster kosten werde. Ich fand das Modell schwer-

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