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[ Band 5 Brief 171: Caroline an Humboldt Lacco, 26. Julius 1817 ]
schweren Tage gingen vorüber, der Schmerz nahm mehr und mehr ab, und heute ist seit vielen Monaten die dritte Nacht, wo sie nicht durch den fatalen Schmerz aus dem Schlaf aufgeschüttelt wird. Ich hoffe also alles beste. Adelheid und August kamen also den 23. hier an und wohnen bei mir. Sie scheinen sich hier mehr zu gefallen, als ich erwartet hatte. Meine Wohnung ist aber wirklich schön, geräumig, lustig mit herrlicher Aussicht und den prächtigsten Terrassen, und an die schlechten Matratzen, Mangel an Sofas und an die harten Rohr- stühle gewöhnt man sich endlich auch. Wärest Du nur hier! Dir sollte es gefallen. Nichts ist imponierender als die Stille des Abends. Jetzt ist der schönste Mondschein, er steht zwischen 10 und 11 Uhr über der Spitze des Epomeo. Wie rein der Kontur des kolossalen Berges (denn eigentlich ist der Berg die Insel) sich gegen den klaren Himmel abhebt! Und das Meer schlägt in der Nacht gleichsam in regelmäßigeren Pulsen an — alles Geräusch des Tages und des menschlichen Treibens ist verstummt, man hört nichts als das Rauschen der Wogen. Ich war die beiden letzten Abende mit August lang allein auf der Terrasse, die nach Morgen heraus liegt und wo die Ferne oft von den Flammen des Vesuvs erhellt wird. Wir haben viel von Dir und der Zukunft gesprochen. In Deiner Nummer 19 vom 20. Junius wußtest Du mich nun endlich in Rom angekommen. Deine Freude darüber, mein teuerstes Wesen, hat mich unendlich gerührt. Ja, wohl ist dieser Ort eine zweite Heimat unseres besseren Seins und unserer Sehn- sucht geworden. Ich verzweifele nicht, daß Du nicht noch einmal hinkommst, und vielleicht früher als wir jetzt denken. Was hörst Du denn aus Frankfurt am Main? Einen Monat Österreichischen Beobachter habe ich hier bei der Generalin Koller bekommen, den Monat Juni, und gesehen, daß der Bund sich mit Hin und Her und vielen Lappalien beschäftigt. Ein unseliger Advokatengeist der 364