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[   Band 5 Brief 171:    Caroline an Humboldt     Lacco, 26. Julius 1817   ]


Schikane scheint mir überhaupt im allgememen über Deutschland
zu wehen, und das ehrwürdigste Bedürfnis einer großen Nation
scheint mir von vielen Menschen nur als Deckmantel zu unreinen
Absichten gebraucht zu werden.
Ich freue mich, daß Du das Bild *) von mir von Schick in Ver-
wahrung hast. Ich halte es selbst für das ähnlichste Porträt von mir.
Der Prinz Piombino sagte mir, im Oktober solle der Mars
geformt werden und der große Junokopf. Der Prinz bemüht sich,
sehr artig gegen mich zu sein, und auf ein Billet von mir, in dem
ich ihn bat, mir einen Einlaß für vier fremde Preußen in die Villa
zu schicken, antwortete er mir und sein Billet fängt folgendermaßen
an: Che non puô commandare la Baronessa di Humboldt al
Principe di Piombino! **) Was sagst Du dazu?
Es hat mich tief gerührt und gefreut, Dich so neu wieder vom
Don Carlos ergriffen zu sehen. Ja, Schiller war ein großer, in
seiner Art unvergleichlicher Mensch, und das ganze Leben bewegte
sich in großen und gewaltigen Formen vor ihm. Hätte er das
Jahr 1812 und 13 erlebt, das wären die schönsten seines Lebens
gewesen, die, bin ich überzeugt, die seinem Innern noch am meisten
entsprochen hätten. Doch wohl ihm! Nicht in das Kleinere, nein
in das Weitere und Umfassendere muß das Dasein heben, dem
wir in diesem entgegengehen. Deiner Idee, Deiner Sehnsucht
möchte ich’s nennen, etwas über ihn zu schreiben, wünschte ich Dich
willfahren zu sehen. Man schreibt am Ende nicht für andere, man
schreibt für sich. Vielleicht gewährt England Dir genug Muße dazu.
Der Schiffer will weg. Ich umarme Dich, meine teure Seele,
und bin ewig die Deine.

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*) Das dem Arzt Kohlrausch geschenkte mit Theodor. Vgl. Bd. II.
**) Was könnte die Baronin H. dem Fürsten P. nicht befehlen!

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