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[   Band 5 Brief 157:    Humboldt an Caroline    Berlin, 14. Junius 1817   ]


Kunth genossen und dem Krug nur die festen Speisen aufbewahrt
habe. Die Kunth, er war in der Stadt, ist aber gar keine üble
Frau, sondern gut und nicht ohne Verstand. Auch ennuyiert man
sich selten mit einer Frau, wenn man in die Individualitäten
ihres häuslichen und inneren Lebens eingeht. Das tue ich aber
immer. Nur schade, daß wir im besten Gespräch über Werner
unterbrochen wurden.


158. Caroline an Humboldt                    Rom, 16. Juni 1817

Du wünschest so freundlich, daß das Wohlgefallen an Italien
in uns gleich bleiben möge. Bei mir und Carolinen
hat das gute Wege. Uns gefällt alles — und den
anderen gefällt vieles. August wird oft wie übernommen von der
Schönheit und Grazie der Umgebungen und nimmt an Gegenden
und Aussichten ein sehr lebhaftes Interesse. Adelheid hat dafür,
wie es mir vorkommt, weniger natürlichen Hang, dafür hat sie viel
und richtige Empfindung an den Kunstsachen. Das Gefühl für
Gegend und Natur, das tiefe Ansprechen und Leben mit ihr
bildet sich, glaube ich, meist auch später. Indessen bei mir erinnere
ich mich, daß ich es sehr früh hatte, daß das Aufsuchen eines
schönen Gesichtspunktes auf den Bergen bei Auleben mich schon
im zehnten Jahr lebhaft beschäftigte.
Wir waren gestern in dem Garten des Vatikan. Der Abend
war trüb, es hatte oft am Tage gewittert, und die Berge waren
verschleiert, ach, doch unbeschreiblich schön.
Sonntag abend waren wir in St. Paul und bei der Pyramide.
Auf keinem Kirchhof der Welt ist es, glaube ich, so still wie da.
Wir blieben lange da, und zuletzt gingen wir auf dem Hügel längs
der alten Stadtmauer hin. Der Aventin, das Priorat wird sichtbar.

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