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[   Band 5 Brief 157:    Humboldt an Caroline    Berlin, 14. Junius 1817   ]


Unrecht, und für mich ist auch Geldverlust und Unbequemlichkeit
bei diesem vorübergehenden Aufenthalt in London.
Ich schloß meinen letzten Brief, wenn ich mich nicht sehr irre,
mit Hermanns Ankunft. Den Tag dieser habe ich ihn nur auf
Augenblicke gesehen, da Kohlrausch ihn mir ganz genommen hatte.
Allein den folgenden, Dienstag, fuhr ich gleich mit ihm nach Tegel
und blieb die Nacht dort. Bülow konnte erst um 2 Uhr seines
Kollegs wegen nachkommen und ritt auch den Abend zurück. Ich
habe den Morgen mit der Kunth *) gefrühstückt, und dann bin ich
bis zu Bülows Ankunft ganz allein mit dem lieben Hermann
spazierengegangen. Du kannst nicht glauben, wie über alles lieb
und gut der kleine Junge ist. Er küßt einen unaufhörlich, und
ein paarmal ist er im Spazierengehen ordentlich stehen geblieben
und hat mir gesagt: »Ich habe dich sehr lieb, lieber Vater.«
Nach Dir fragt er immer mit gleicher Zärtlichkeit.
Nach Bülows Ankunft haben wir bis 3 regiert. Der Gärtner ist
gar nicht unfleißig gewesen, hatte aber über den Gärten das
Anbinden der Bäume versäumt. Dies erfuhr ich noch hier und ließ
durch Bülow in einem eigenen Schreiben schelten. Der hatte wie
König Ahasverus so gewaltig gedonnert und geblitzt, daß der Mann
ganz in Verzweiflung war. Dann bin ich wie ein milder Regent
dazwischengetreten, habe ihm alles Versäumte väterlich verwiesen,
und es ist nun schon alles wieder in Ordnung. Von der Grün-
heit von Tegel hast Du keinen Begriff.
Essen taten Bülow, Hermann und ich wieder allein, aber
Kaffee tranken wir bei der Kunth. Bis zum Tee gingen wir noch
spazieren, dann ritt Bülow weg, und ich blieb nun den Abend mit
der Kunth und Hermann und ihren Kindern. So tranken wir Tee
und aßen saure Milch. Du siehst, daß ich alles Flüssige mit der

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*) Frau Kunth, eine Polin, war die dritte Frau des Dichters Zacha-
rias Werner gewesen.

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