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[ Band 5 Brief 148: Humboldt an Caroline Berlin, 23. Mai 1817 ]
Italien, eigentlich auf unbestimmte Zeit. Wer weiß, ob wir uns wiedersehen? Auch sind wir beide sehr zärtlich gewesen, doch ohne alle Konsequenz. Wir haben ausgerechnet, daß wir uns 1786 zuerst gesehen, 31 Jahre. Ich habe mit Türk über Hermann gesprochen. Er hat mir gesagt, daß Du ihm geschrieben und ihm den Religionsunterricht empfohlen hast. Er wird Dir selbst darauf antworten. Er bleibt der Meinung, daß man ja alles, was zum Gebet und zur Religion gehört, nicht muß zu gedankenloser Gewohnheit werden lassen, und daß es doch dazu ausartet, wenn man zu früh solche Übungen anstellt, daß man vielmehr einzeln sich immer findende Anlässe benutzen muß, um diese Ideen anzuregen und zu wecken. Es hat unstreitig viel für sich, allein es läßt sich auch viel für die frühe Gewöhnung des Denkens an Gott sagen, und selbst wenn die Begriffe über das Wesen, an das man sich richtet, nicht ganz klar und rein sind, so bleiben doch immer Gefühle der Liebe, des Dankes, des Vertrauens gegen ein Höchstes und Unbekanntes. Es wird aber freilich immer mit aller Religionsbeschäftigung so, wie der Charakter und der Geist ist, mit dem man sie vornimmt. Ich erinnere mich dessen bei Alexander und mir sehr deutlich. Wir haben von früh an Religionsunterricht und denselben gehabt. Auf ihn hat er nie, eigentlich in keiner Art gewirkt, er hat nicht geglaubt und nicht darüber nachgedacht. Bei mir war es wenigstens vom zwölften Jahr anders. Ich habe mich dem Glauben des Positiven in meinem Inneren gleich entgegengesetzt, bin aber eine lange Zeit, soweit es mir natürlich und durch bloße Vernunft begreiflich schien, sehr fromm gewesen. Die Sprüche aus der Bibel habe ich immer gleich angewandt, und noch jetzt fallen mir viele ein, wo die Gelegenheit es gibt. Bothe hat einen einfältigen Streich gemacht. Der Bau an dem Burgörnerschen Hause verursacht sehr viel Schutt, nun hat 315