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[ Band 5 Brief 144: Caroline an Humboldt Venedig, 11. Mai 1817, abends ]
tue; wohl ist’s eine Pilgrimschaft nach Wilhelms heiligem Grabe, nach des kleinen Gustav stiller Ruhestätte, und ganz fühle ich, wie Leben und Tod in Eins zusammenschmelzen. Bülow und Gabrielle tut diese Trennung, wie schmerzlich sie beiden ist, doch eigentlich wohl und ist ihnen gut. Ich wünschte, daß Bülow zu dem, was er treibt, noch einige Kunstkenntnis — und wäre sie auch nur geschichtlich — hinzufügte. Einiges Schöne gibt es denn doch auch bei uns, und ein neuer Sinn geht dem Menschen auf, wenn er einen Blick in das vereinte Streben so vieler Geister durch so viele Jahrhunderte hindurch tut und ewig die Kunst als die höchste Blüte des Lebens erblickt. Bülow hat eine Anlage zum Trockenen, der er jetzt in den Jahren, in denen er steht, noch entgegenarbeiten muß, sonst ist es gewiß ein liebes, treues und inniges Gemüt. Gabrielle ist ein gar liebevolles Kind, leidenschaftlich zärtlich ist der rechte Ausdruck für sie. Larochens grüße sehr, ich habe sie sehr lieb, es sind so treue Seelen. Nun adieu für heute, teures, geliebtes Wesen. Ewig Deine Li. 145. Humboldt an Caroline Berlin, 12. Mai 1817 Ich bin überhäuft nicht sowohl mit Geschäften, aber doch mit Konferenzen, so daß mir fast nie ein halber Tag übrig bleibt. Du erinnerst Dich, daß man in meiner Kommission für notwendig erkannte, eine ganz neue Untersuchung über den Staatsbedarf anzustellen, und daß auf meinen Vorschlag die Kommission beschloß, sich deshalb durch den Kanzler an den König zu wenden. Dieser hat jetzt diese Prüfung einer eigenen neuen Kommission aufgetragen, die aus allen Ministern, Schön *), ——— *) Heinrich Theodor v. Schön, geb. 1773, † 1856, seit 1816 Ober- präsident von Westpreußen. 306