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[   Band 5 Brief 137:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 26. Julius 1816   ]


hat unleugbar Vorzüge, aber solche Mängel auch, daß sie nicht
zu drucken war. Von diesen ist die jetzige frei, aber es mag ihr
wohl manchmal an Geschmeidigkeit abgehen. Das beweist nur,
daß das Ganze nicht vollkommen geglückt ist, was auch sehr natürlich
war, da es nur hätte glücken können, wenn ich mit der Kenntnis,
die ich jetzt habe, wäre an die frische, noch unversuchte Arbeit ge-
kommen. Es ist wie mit dem Leben selbst. Man kann die Jugend
und das Alter tadeln, und man muß daher auf nichts viel geben,
was man tut oder hervorbringt, sondern immer nur auf das, was
in einem selbst dadurch wird. Meine jetzige Übersetzung erhält
einigen Wert durch die Einleitung. Sie hängt mit dieser innig
zusammen und ist wie ein Beleg dazu, und die Einleitung deutet
auf Ideen, die man immer wird beachten müssen.
Seitdem die Sachen mit Darmstadt abgemacht sind, genieße
ich einer großen Ruhe. Es kommen nur so die gewöhnlichen Ge-
schäfte, die großenteils Bülow und Flemming abmachen, die sehr
gut arbeiten, ich selbst brauche ein paar Abendstunden dazu und
bin den übrigen Tag frei, so daß ich viel studiert und gelesen habe.
Wie lange dieser Zustand dauern wird, ist schwer zu bestimmen.
Ich schrieb Dir neulich, daß ich Schritte getan hätte, um ihn ab-
zukürzen. Auch ist es mir trotz meiner wenigen Zuneigung zu
Paris ernstlich jetzt darum zu tun, daß der Aufenthalt nicht mehr
zu lang sei. Im späten Herbst wäre es fast unmöglich, daß Du
mit den Mädchen dies Haus bewohntest. Es ist von einem solchen
Zuge, daß z. B. in der Eßstube, wie irgend starker Wind ist, die
Spiegel wie die Gardinen hin und her gehen. Es einen Winter
hindurch zu bewohnen gehört eine feste Gesundheit dazu.
Ein zweiter Grund, warum ich nicht hier bleiben möchte, ist der
Bundestag. Ich kann unter den jetzigen Umständen schlechterdings
keinen Anteil daran nehmen, und mein Entschluß ist darüber so fest,
daß ich, wenn man es wollte, es lieber auf das Äußerste ankommen

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