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[   Band 5 Brief 136:    Caroline an Humboldt     Karlsbad, 24. Julius 1816   ]


lang in den Bergen zusammen spazieren gegangen und haben man-
cherlei verhandelt. Ich habe ihn immer sehr gern gemocht, und
ebenso jetzt. Es fand sich, daß Gabrielle seine Agnes schon kannte,
sie kam manchmal mit anderen Gespielinnen aus dem Luisenstift.
Ich bin, geliebtes Herz, in allem mit Dir einverstanden, was
Deine letzten Briefe enthalten. Wie innig freue ich mich, in trau-
lichen Gesprächen mein ganzes Denken und Gemüt wieder gegen
Dich aussprechen und ich möchte sagen austauschen zu können.
Niemand, wie sehr weiß ich es, niemand versteht mich so wie Du.
Ich reise Donnerstag, den 1. August, in aller Frühe ab, und
wenn das Wetter gut bleibt, wie es Gott sei Dank seit drei Tagen
ist, so komme ich vielleicht selbigen Tags über Eger hinaus. Sei
überzeugt, daß ich auch noch jetzt, so sehr es mich ennuyiert, den
ganzen August bleiben würde, wenn der Arzt es verlangte, allein
ich glaube nicht. Carolinens Aussehen hat sich gehoben, aber eine
Wunderkur, eine totale Veränderung ist es nicht, es ist als ob
die Gegenwirkung fehlte, die freilich aus dem Körper des Kranken
hervorgehen soll. Ach, meine Seele, Dir brauche ich es nicht zu
sagen, wie schmerzlich mir das alles ist, wie ihr Leiden mich mehr
herabstimmt als eigenes.
Der Staatskanzler reist den 30. ab. Er sieht viel wohler
aus, und in der Familie finden sie, daß auch seine Taubheit etwas
abgenommen hätte. Er sagte mir, er glaube, Du werdest im Sep-
tember reisen können.
Wenn Caroline sich wohl fühlt, so käme ich schon den 5.,
sonst den 6. bei guter Zeit an. Ach, wie unaussprechlich freue ich
mich, Dich wiederzusehen! Auch die Kinder sind voll inniger
Freude. 
Nun Adieu, Du liebes, bestes Herz. Ewig Deine Li.

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