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[   Band 5 Brief 135:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 19. Julius 1816   ]


eine gewisse Bangigkeit, wenigstens ein dumpfes Ermatten die Ge-
müter der Nachdenkenden einnehmen.
Die Fürstin von Rudolstadt hat mir ein paarmal hierher
geschrieben, allein Du glaubst nicht wie traurig. Ich freue mich
sehr, sie zu sehen. Wenn ich bedenke, wie harmlos sie ehemals
war. Ich erinnere mich noch immer, wie wir, da sie ihr erstes
Kind hatte, in Rudolstadt waren, und ich von ihr Abschied nahm,
und sie, so gar an nichts anderes denkend, an der Wiege des
Kindes saß.
Mit mir sind sie bald zufrieden, bald aber auch höchst unzu-
frieden gewesen. Es geht in solchen Dingen selten anders. Indes
scheint mir doch die Zufriedenheit das letzte gewesen zu sein, und
wenigstens liegt es nicht an mir, wenn es anders ist. Da muß
man sich denn in den Mantel seiner Tugend hüllen. Es wäre in
Homburg viel angenehmer, wenn man in einer Familie und nicht an
einem Hofe wäre. 
Ich bin seit Pappenheims Abreise fast von allen Geschäften
frei, ich habe alles ausgearbeitet und werde zu anderen Beschäf-
tigungen übergehen können. Du glaubst nicht, wie mich das stille
Leben anzieht, selbst bei uninteressanten Arbeiten. Ich kann dabei
ohne Schaden oft an sehr andere Dinge denken, das zieht mich
viel weniger als die Menschen vom inneren Leben ab.


136. Caroline an Humboldt                   Karlsbad, 24. Julius 1816

Mein teures Herz!
Gneisenau ist den Sonntag angekommen und hat mir Deine
Nummer 117 gleich einige Stunden darauf gebracht.
Er brachte seine Tochter mit, und wir haben lang und
sehr freundlich miteinander gesprochen. Wir sind dann den Montag

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