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[ Band 5 Brief 134: Humboldt an Caroline Frankfurt, 17. Julius 1816 ]
Abstoßung ebenso wichtig als die Anziehung. Übrigens wundert es mich gar nicht, wenn Gneisenau mit seinem Zurückziehen nicht eigentlich zufrieden ist. Er gehört zu denen, die viel im Äußern leben und von bloßen Ideen wohl keinen anschaulichen Begriff haben. Ich habe vor einigen Tagen Ferber *), den Geheimrat aus Berlin, hier gesehen und weitläuftig gesprochen, d. h. ich habe mir von ihm erzählen lassen. Ich liebe ihn eigentlich nicht. Er hat gar nichts Vertrauenerweckendes, fast etwas Hämisches in den Gesichtszügen. Er mag daher, da er nicht eben zufrieden scheint, wohl vieles übertreiben. Aber er hat mir doch auch eine Menge Tatsachen gesagt, die mir gezeigt haben, daß es mit dem Staat gar nicht gut steht. Seiner Beschreibung nach gehen die Finanzen nur durch die außerordentlichen Einkünfte, und auch durch diese nur, insofern man sie im voraus an Juden und Bankiers mit unge- heuren Opfern verkauft. Man scheint schlechterdings die Lage des Staates im Ganzen nicht genug ins Auge zu fassen, sondern überall zu sehr beim einzelnen stehen zu bleiben. Das muß das Gebäude untergraben. Mir kommt der jetzige Zustand wie ge- tünchte Gräber vor. Dabei glaubst du nicht, wie der preußische Name im Ausland sinkt. Es ist höchstens noch die Achtung der Furcht da. Sprich indes auch davon nicht. Ich halte mich in meiner Muschel, und wenigstens soweit die reicht, wird Preußen geachtet. Lebe wohl, mein innig und ewig geliebtes Herz. Apropos! Hier ist eine Ariadne von Dannecker **). Gott weiß, daß ich die Magerkeit nicht liebe und die Nacktheit nicht hasse, aber die Ariadne ist zu dick und zu nackt. ——— *) Nationalökonom. **) Johann Heinrich v. Dannecker, geb. 1758, † 1841. Bildhauer. Seine Ariadne auf dem Panther, 1806 begonnen, im Bethmannschen Garten in Frankfurt a. M. 288