< zurück      Inhalt      vor >                                          
[   Band 5 Brief 130:    Caroline an Humboldt     Karlsbad, 6. Juli 1816   ]


nicht glauben, daß Theodor sich verlobt haben sollte. Wunderbar
ist’s mir nun nicht mehr, daß er nicht schreibt. Wenn er sich nur
nicht förmlich versprochen hat, und es nur nicht so treibt, daß er
dem Mädchen Schaden tut, so glaube auch ich, daß es von großem
Einfluß auf sein ganzes Betragen sein wird. Er sagte in Berlin
von ihr, sie sei so schön, daß gar keine von den Schönheiten in
der großen Gesellschaft ihr vergleichbar wäre. Jung muß sie wohl
sehr sein, Theodor hat ja die Marotte, ein achtzehnjähriges Mädchen
höchstens noch jung zu nennen. Wahre Sorge macht mir die Ge-
schichte denn doch. Heiratet er sie nach zwei, drei, vier Jahren, so
kommt mir diese Ehe wie ein schreckliches Wagstück vor. Heiratet
er sie nicht, so kann er sich eine Menge Händel zuziehen. Auch das
Mädchen täte mir leid, die vielleicht durch ihre schöne Bildung
irgendeine ihr angemessenere Partie gemacht hätte. Soviel aber
ist gewiß: Theodor erhält einen in einer ewigen Spannung und
Seelenmotion.
Hier wird die Verbrämung alle Tage bunter. Graf und Gräfin
Goltz, die Frau v. Hünerbein, die Frau des Gouverneurs von
Schlesien und Gott weiß wer ist nun auch noch angekommen.
Ich wünsche und hoffe den 25. fortzukommen. Gott weiß, daß ich
lieber heut’ wie morgen ginge!


131. Caroline an Humboldt                 Karlsbad, 10. Juli 1816

Ich bin gestern nicht dazu gekommen, Dir zu schreiben, mein
teures, liebes Herz. Die drei Kurländischen Prinzessinnen
sind hier. Pauline und Jeanne kamen schon Sonntag
nachmittag. Die Herzogin von Sagan erst gestern. Alle wollen
ein paar Tage ihre Mutter sehen, kurz genug, denn die Herzogin
von Kurland hat längst ihre Abreise mitsamt ihrer Schwester, der

                                                                       280