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[   Band 5 Brief 115:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 31. Mai 1816   ]


gebrüteten Enten schwimmen. Er sieht den Untergang der Schule
voraus, sagt, daß er es der Schule, dem Vaterlande, der Nach-
kommenschaft, seinem Gewissen und Gott schuldig sei, das Turn-
unwesen von der Schule abzuhalten, die köstlichste Perle der
Preußischen Nation gehe damit verloren, seit 280 Jahren habe die
Schule ohne Turnen die tüchtigsten Männer geliefert, die Blücher,
die Wellington, die Bülow, die Gneisenau hätten wohl schwerlich
auf einer Kletterstange gesessen, kurz, man müßte es drucken lassen.
So albern das ist, so begreife ich freilich auch auf der anderen
Seite, wie das Turnwesen auf einmal mit der klösterlichen Zucht
der Schulpforte kontrastieren muß, und bewundere auch die Kühn-
heit des Departements, so bloß auf die Eingabe eines Tanzmeisters
und ohne alle weitere Veranstaltungen, die Jugend loslassen zu
wollen. Es hat nie eine Epoche gegeben, wo überall und auf
allen Punkten die alte und neue Zeit in so schneidenden Kontrast
getreten sind. In die Schulpforta, in die selbst die ganz gewöhn-
liche Sonne, die so alt wie die Welt ist, nur eben 90 Tage im
Jahr eindringen kann, hatte nun die neue noch nie geschienen, und
es ist überkomisch, daß der Tanzmeister nun die Neuerungen so
mit einem Saltomortale hineinbringen will.


116. Caroline an Humboldt         Burgörner, am zweiten Pfingsttag,
                                                       3. Juni 1816

Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen — es ist aber
gar nicht liebliches Wetter, süßes, liebes Wesen, und ich
Arme soll mit den Kindern nach Helmsdorf fahren.
Gestern war es ein hübscher Tag, wir waren in der Kirche in corpore
und hatten nachher eine stundenlange Konferenz mit Saalfeld, dem
Amtmann Bothe und Dunkern, denn Dunker kam am Freitag an,
und es sind viele Dinge verhandelt worden. . . .

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