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[ Band 5 Brief 105: Caroline an Humboldt Berlin, 6. Mai 1816 ]
Jahr sehr verändert haben. Ich weiß nicht, ob diese Bemerkung wahr ist, aber der Glaube an Ancillons Gefährlichkeit und weit- aussehende Plane ist sehr allgemein. 7. Mai Der Gebrauch des Karlsbades wird wieder bestritten . . . Ich verhalte mich ruhig. Wir wollen das Menschenmögliche tun, was Carolinen aufhelfen kann. Ich kann nicht leugnen, daß die Woche vor dieser mich sehr ernstlich wieder besorgt gemacht hat. Carolinens Hingeben an den Schmerz, ohne allen Widerstand, deutet doch auf eine beinah mehr wie zarte, auf eine wirklich schwache Konstitution. Du kannst Dir gar nicht denken, wie schlimm sie ausgesehen hat. Für mich hat das etwas so zerreißendes, daß ich’s mit keinen Worten aussprechen kann. Wie tief mich der Verlust eines jeden Kindes treffen würde, Carolinens Verlust würde mich zerstören. Sie hat noch so wenig Freude gehabt! Oh, Gott wolle ihr doch Ge- sundheit geben! Hermann geht übermorgen. Er ist gefaßt und froh, und wir zeigen ihm nicht, wie weh uns die Trennung tut, um seinen Frohsinn zu erhalten. Ich habe darauf Verzicht getan, ihn nach Frankfurt zu bringen, ich bin nicht wohl genug, und Caroline so lange allein zu lassen möchte ich auch nicht, so will ich dem lieben Jungen denn hier meinen Segen geben und ihn allein mit Heyse *) ziehen lassen. Ja, liebes Herz, die schöne Zeit wird gewiß wiederkommen, wo wir wieder nebeneinander sein werden, mich dünkt, ich fühl es im ahnenden Sinn. Ich muß aber immer sagen dürfen: »bleibe mir gut«. Wenn ich es auch noch so sehr weiß, so ist es doch so süß, es immer aufs neue zu bitten. Gebet und Liebe sind ja eins. Nun Adieu, meine Seele, ewig Dein. ——— *) Hofmeister des kleinen Hermann, Vater des Dichters Paul Heyse. 242