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[ Band 5 Brief 105: Caroline an Humboldt Berlin, 6. Mai 1816 ]
Vor kurzem ist hier eine närrische Szene gewesen. Ein junger Leutnant Plewe, aus Preußen gebürtig, ist mit Urlaub bei seinem Vater in Preußen gewesen, beim Zurückkommen meldet er sich beim König, wie es alle tun müssen (der Plewe steht bei der Garde). Der König fragt: »Wie es ginge«? Der Plewe antwortet: »Schlecht. Euer Majestät, sagt er, sind nicht so bedient, sind bis auf wenige Ausnahmen nicht so vertreten, wie Sie es zu sein verdienen.« Darauf fragt der König: »wie das zu verstehen sei«? Und nun erfolgt von dem Leutnant eine Auseinandersetzung, wie der Landmann gedrückt, wie das Versprochene nicht erfüllt, wie der Name des Königs mißbraucht werde. Der König hat erwidert: »Plewe, Sie sind exaltiert, oder andere Menschen gebrauchen Sie zu ihren Zwecken,« worauf denn der Plewe versichert hat, daß er die lautere Wahrheit sage, und für alles einstehen wolle, was er gesagt habe. Das Berliner Publikum und der König mit der Familie (wohl mit Ausnahme des Prinzen und der Prinzeß Wilhelm und der Prinzeß Luise, die darin einen feineren Sinn haben) sind im Krieg und Widerspruch über die französischen Tänzer. Du wirst wohl gehört haben, daß der König Madame Anatole Gosselin und ihren Mann hat kommen lassen. Darüber ist nun die antifranzösische Partei mehr entrüstet, als die Sache es verdient. Das hat den König sehr verdrossen. Aus Widerspruchsgeist geht er nun sogar in die Balletproben. Er hat gesagt, ich habe gemeint, den Berlinern eine Freude zu machen, ich liebe wahrhaftig die Franzosen auch nicht, das können sie wohl denken, aber tanzen tun sie doch besser wie die hiesigen. Dies alles mit manchen dabei vorgefallenen Anekdoten ist die Neckerei der letzten Wochen gewesen. Dieser und ernster ist der Einfluß, den, wie viele Menschen behaupten, Ancillon auf den Kronprinzen ausübt und immer mehr gewinnt. Auch seine schlichte, gradgesinnte, deutsche Denkungsart soll er zu untergraben suchen und der Kronprinz sich seit einem 241