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[ Band 5 Brief 104: Humboldt an Caroline Frankfurt, 30. April 1816 ]
doch ein trockenes, enges, nicht innerlich großes noch reiches Wesen. Wie unendlich anders und mehr war dagegen die Königin! Du endigst einen Brief mit den Worten: Bleibe mir gut. Ach, teure Seele, darüber sei gewiß ruhig. Ich bin Dir eigentlich immer mehr gut geworden, und nichts in der Welt bringt mich aus dem inneren Gedankenleben an Dich heraus. Mir ist ordentlich, als könnte Dir diese Anhänglichkeit einmal lästig werden. Ich wäre am liebsten ununterbrochen um Dich, und es ist mir oft, als müßte das Leben sich wieder ebenso auflösen, als es anfing, und es gab doch wirklich eine Zeit, wo wir immer beieinander waren, in einer Stube, zusammen beim Spazierengehen, in Gesellschaft, immer und überall. Die schöne Zeit, an die nichts reicht! Was mich nur ewig freut, ist, daß ich mir nicht zu sagen brauche, daß ich sie, als Gegenwart, weniger fühlte. Ich genoß sie so recht und innig als das eigentliche Glück. Welcker *) war auf der Rückreise von Heidelberg hier, aber nur zwei Tage, und den ersten sah ich ihn nicht. Ich hatte Vor- und Nachmittag Leute in Geschäften bei mir und aß nicht zu Hause. Aber den andern Tag aß er mit uns und ging mit mir nachmittags spazieren. Er grüßt Dich sehr. Wenn Du hier bist, kommt er eigens her. Er ist wie immer, aber nie einförmig. Er hat die lebendigste Ruhe, die mir je in einem Menschen vorgekommen ist. Gestern war Arndt **) bei mir und aß heute mit uns. Es schien ihm sehr wohl zu werden. Er hat einige sehr gute Dinge gesagt. Übrigens ist er in seiner Art, die aber innerlich interessanter ist, als sie manchmal bei ihm erscheint. Fast alle Leute sind mehr als sie selbst wissen. Er hat mir gesagt, daß Spiker zu verkaufen ist auf Rügen, aber 200000 Taler. Es war närrisch, er sagte, ich ——— *) Friedr. Gottlieb Welcker, geb. 1784, † 1868, Altertumsforscher. **) Ernst Moritz Arndt, geb. 1769, † 1860, der bekannte Patriot und Dichter. 237