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[ Band 5 Brief 98: Humboldt an Caroline Frankfurt, 5. April 1816 ]
98. Humboldt an Caroline Frankfurt, 5. April 1816 Über die Bücher bin ich nicht recht im reinen. Hast Du besondere Gründe gehabt, Nummer 8 und 9 zurückzulassen? Da diese Kisten zusammen nur 465 Pfund wiegen, so ist es kaum der Mühe wert, sie gegen 1400 Pfund, die wir mitnehmen, hierzu- lassen. Es macht 50—60 Taler Ausgaben mehr. So viele Bücher überhaupt mitzunehmen, ist vielleicht töricht. Ich schrieb Dir schon neulich meine Ansicht, und daß ich sie, auch bei noch so vielen Geschäften, nicht brauchte, das ist nicht der Fall. Man braucht ein Buch selten zum Lesen, meist nur zum Nachschlagen, Lesen einzelner Stellen, und da hat es für mich einen unschätzbaren und tief ins Leben eingreifenden Wert, die, mit denen das der Fall sein kann, in keinem Augenblick zu vermissen. Schicke sie lieber noch mit. Sei mir aber ja nicht böse wegen der vielen Bücher, inniggeliebtes Herz, aber ich bin nun so und bedarf gewiß oft Deiner Nachsicht. Ich bin noch mehr in den Jahren der Trennung so geworden. Ich lebe in vielen Ideen, wozu mir wieder die Bücher lieb sind, und lebe nur in ihnen und wenig mit dem un- verständigen Getreibe um mich her, das ich nicht verständig machen werde, und was es zu keiner Zeit gewesen ist. Ich will auch mit jenen Ideen nichts weiter machen und bin niemandem im Wege, aber je freier ich von äußeren Bedürfnissen bin, desto abhängiger bin ich von inneren. Sei nicht böse, daß ich mich so entschuldige, aber ich leugne es nicht, ich schäme mich selbst der vielen Bücher wegen, und immer mehr, wenn ich sehe, daß Du unser Bleiben in Paris so kurz glaubst. Es sieht einer Kinderei ähnlich, allein da ich nun einmal gar nicht oder schwer machen kann, daß mein äußeres Schicksal Festigkeit und Dauer bekommt, so will ich das Vorübergehende wie dauernd behandeln, und ich habe mir fest vorgenommen, da das Leben immer und immer hin- und am Ende 222