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[   Band 5 Brief 96:    Caroline an Humboldt     Berlin,  29. März 1816   ]


ist es hübsch, so  etwas jenseits des Ozeans herzuhaben, ich selbst
möchte wohl dies wunderbare Land sehen, wo fremde Lüfte wehen,
andere Blumen, andere Sterne leuchten! Schrift als Schrift ist
überhaupt etwas sehr Sonderbares. Stehen die Buchstaben nicht
da, geheimnisvoll wie Geister?
Adieu, mein Herz, die Kinder grüßen. Ich esse bei Prinz
August. Die Prinzeß Ferdinand *) ist bedeutend krank. Vorher
gehe ich zur Ministerin Kircheisen **), deren Geburtstag heut ist.
Abends bin ich bei Pfuels. Prinzeß Luise grüßt sehr.
 Ewig Deine Li.


97. Caroline an Humboldt                       Berlin, 1. April 1816

Mein liebes Herz!
Ich habe Deinen letzten lieben Brief vom 26. durch L. bekommen.
. . . Über Ilgens weiß ich Dir nichts zu sagen. Ich sah auch
das v. Ilgen in der Zeitung und daß er nach Magdeburg als
Schulrat komme. Ich dachte, es müßte ein anderer sein. Daß er in den
Adelstand erhoben, habe ich durchaus nicht gehört und glaube es
nicht, wenn er selbst nicht darum angehalten, was auch wieder
nicht der Fall zu sein scheint. Ich fürchte, die guten, armen Leute
haben sich eine Blöße gegeben und werden von ihrer Grandeur
zurückkommen. Aber daß sie, namentlich die Frau, einen solchen
Wert darauf legen, hätte ich mir nicht träumen lassen.
Ich danke Dir für alles andere, was Dein Brief enthält und
werde ehestens antworten. Die Äußerungen, auf die G. sich be-
zieht, sind aber unwahr und erdichtet.

———
*) Luise Prinzessin Ferdinand von Preußen, geborene Prinzessin von
Brandenburg-Schwedt, geb. 1738, † 1820.
**) Gattin des preußischen Justizministers.

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