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[ Band 5 Brief 96: Caroline an Humboldt Berlin, 29. März 1816 ]
96. Caroline an Humboldt Berlin, 29. März 1816 Liebste Seele! Dein Brief an Pappelbaum ist mit dem Manuskript besorgt . . . Die Wiederauffindung der Landschaft von Schönberg ist mir auch merkwürdig, ich glaubte sie mit den übrigen in Tegel verschwundenen Sachen verloren. Du hast ganz recht, wir kauften sie im Jahre 1797 im Sommer in Dresden. Man stößt überall im Vaterlande wieder auf Jugenderinnerungen. So traf ich letzthin bei Schleiermacher eine Demoiselle Willich, und wie ich recht zufrug, war es die Schwester des Predigers Willich *) in Sagard, und wir hatten uns dort vor 20 Jahren gesehen. Rügen liegt immer, eine grüne, blühende Insel, nicht allein im Weltmeere, auch in dem Meere der Phantasie, es könnte mich sehr freuen, die hohen Ufer von Stubbenkammer, die öden von Arcona noch ein- mal wiederzusehen. Dieser dunkle Zug der menschlichen Natur mit dem Meere, dieses geheimnißvolle Fühlen des Verwandtseins mit dem Element deutet doch wohl auf tiefere Beziehungen, die vielleicht nur ein anderes Dasein löst. Ich ließ mir von der Mamsell von unseren Bekannten dort erzählen. Der lustige Pfarrer Frank **) lebt auch noch, Willich selbst hat die Witwe des Simon, die geborene Bockelberg aus Hamburg nach dem Tode seiner Frau geheiratet, da diese ihn sterbend darum bat. Es ist Abraham Mendelssohn, der mit seiner Familie nach Paris kommt. . . . Du rühmst Dich, die Juden nie zu verlassen. Es ist der einzige Fehler, den ich an Dir kenne. Sie sind Dir ——— *) Älterer Bruder von Schleiermachers Freund, Ehrenfried Theodor v. Willich, † 1807. **) Bernhard Olivier Frank, geb. 1759, † 1833, Pastor in Bobbin auf Rügen. 219