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[ Band 5 Brief 95: Humboldt an Caroline Frankfurt, 26. März 1816 ]
gefallen. Ich erzähle Dir das so hin, wie ich es in den Briefen gesehen habe. Du machst natürlich keinen Gebrauch davon. Die Frau ist wirklich gut und nicht glücklich, aber immer glücklicher in der Pforta, an die sie einmal gewöhnt ist, als anderswo. Über die Seebäder habe ich sehr genaue Nachrichten durch Oelsner *), der hier ist. Er hat sie in Havre und Dieppe gebraucht, und mir weitläufig davon erzählt. Es ist nirgends erbaulich. Havre ist die hübschere, bei weitem hübschere Gegend, aber es hat die Nachteile: 1. ist gar keine Anstalt da, als die der Himmel gemacht hat; 2. muß man über einen weiten steinigten Weg gehen, zum Meere zu kommen; 3. ist das Meer schon durch Seinewasser versüßt. Dieppe ist nicht hübsch gelegen, sondern baumlos und öde, aber der Weg zum Meer ist sehr kurz und geht über Rasen. Auch sind Anstalten da, aber welche? das ist das Schlimme überall. Es sind drei Methoden sich zu baden: 1. in Badewannen in Kammern. Das Wasser wird hineingetragen. Für die Gesundheit soll der Effekt derselbe sein. 2. bloßes Spazierengehen im Meer so tief man will, mit einem, oder sicherer zwei Matrosen am Arm. Dies ist die gewöhnlichste Art auch bei Frauen, die natürlich ganz bekleidet bleiben. Die Matrosen sind, nach Oelsners Beschreibung, unumgänglich nötig. Er hat sich sogar mit einem einmal in Lebensgefahr befunden und ist von einer Welle umgerissen worden. Man badet sich meist in der Ebbe, bei der Flut ist das Wasser nicht rein. Nun muß man tief hineingehen, da ist der Boden unsicher, auch kommen manchmal plötzlich Wellen und Windstöße. So kann man sich nicht hineinwagen ohne einen Matrosen. 3. endlich hat man eine Art Karriole, die ins Meer hineingefahren wird. Sie ist bedeckt, aber offen gegen das Meer. Man bleibt also auch so gut als bekleidet. Sie hat zwei Abteilungen, die eine ist zum Baden, die keinen eigentlichen Boden sondern nur ein ——— *) Vgl. S. 112. 217