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[   Band 5 Brief 89:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 8. März 1816   ]


sie auch jung ist, hat sie doch etwas Ernsthaftes im Gemüt, und
ich glaube, daß selbst Schleiermacher dafür sein wird. In Paris
lebt noch immer Gams, bei dem man in die Kirche gehen kann.
Den jungen Bunsen werde ich mit Freuden hier aufnehmen.
Es ist mir selbst lieb, jemanden zu haben, der sich mit Philologie
beschäftigt. Die hiesige Bibliothek ist recht gut. Ich war zwar
nie darauf, allein ich habe oft Bücher daraus. Die Ähnlichkeit
mit dem seligen Grapengießer wird mich auch freuen. Er war ein
sehr lieber Mensch, und es ist recht schade, daß er so früh gestorben
ist. Deine Standhaftigkeit in den Gefühlen Papas und Mamas
hat mich sehr lachen machen, liebes, süßes Kind. Es ist ein himm-
lischer Ausdruck. Allerdings ist unter den Neuvermählten und uns
ein großer Unterschied, den man aber sehr kurz ausdrücken kann.
Wir muteten uns mehr zu, sie mehr anderen. Eine solche Ansicht
wendet das ganze Leben um. Allein mir ist es für das innere
und äußere Glück auch unendlich lieb, daß ich von sehr früh an
bis jetzt immer bei meiner Art, lieber zu entbehren als zu
fordern, geblieben bin, und ich werde sie nicht aufgeben. Indes
können die jetzt Aufwachsenden auch bei der anderen glücklich sein,
und allgemein ist vielleicht ihre Art besser, wenn sie auch manchmal
mehr Reibungen macht.
Lebe wohl, innigst geliebtes Herz. Ewig Dein H.


90. Humboldt an Caroline                       Frankfurt, 12. März 1816

Ich habe vorgestern, liebe Li, Deinen Brief vom 5. be-
kommen. Der Wilhelm Sixtus v. Arminius hat noch
nichts von sich hören lassen. Es muß ein wahres Un-
glück sein, solche Namen zu tragen. Man geht wie ein redender
Leichenstein damit in der Welt herum.

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