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[   Band 5 Brief 85:    Humboldt an Caroline    Frankfurt, 29. Februar 1816   ]


85. Humboldt an Caroline                 Frankfurt, 29. Februar 1816

Ich war in sieben Tagen nicht bei der Cüstine, aber freilich
auch bei keiner Seele sonst gewesen und habe heut den
Abend da zugebracht. Sie war wirklich sehr diskret ge-
wesen und hatte mich ziemlich ruhig gelassen, und ich bin heute
ordentlich gern hingegangen, weil ich es mit einem Gefühl von
Freiheit tat. Ich habe ausführlich mit ihr über ein Seebad ge-
sprochen. Sie bleibt dabei, daß Honfleur das hübscheste für die
Natur ist. Sie ist aber gewiß, daß gar keine besondere Anstalt
zum Baden für Frauen da ist. Sie will indes doch noch nach
Paris schreiben und sich erkundigen.
Ich kann Dir nicht sagen, gute liebe Seele, wie es mich
rührt, daß Du mich Italien vorziehst. Ich weiß gar nicht,
was ich werde machen müssen, um Dir dafür einigen Ersatz
zu geben. Carolinens Gesundheit freut mich unendlich. Wenn
nur die Trennung von Wolfart und dem Magnetismus nicht
den Zauber bricht. Mit den Ärzten ist es jetzt fatal in Paris.
Haarbauer *) ist nicht da, Gall **) ist unangenehm, und die Cüstine
behauptet noch dazu, daß er tot ist. Wie wir in Paris waren,
war er noch in völliger Gesundheit.
Carolinens Phosphorhemden könnten mich ängstigen. Das
ist ja wie das Hemd der Dejaneira, wenn sich das plötzlich
entzündete! Ist das nicht wirklich sehr gefährlich? Man hat
jetzt ganz wunderbare Kuren, ehemals war doch die Sache
simpler, wo noch Manna und ein Wiener Tränkchen die Stelle
aller Elemente vertrat. Ich kann nicht von Carolinens Hemden

———
*) Josef Haarbauer war 1805 Direktor des Medizinalkollegiums in Fulda,
gehörte zu Schillers Freundeskreis.
**) Franz Josef Gall, geb. 1758, † 1828, Anatom und Phrenolog, be-
kannt durch seine Vorträge über die Schädellehre in London und Paris, wo er
sich 1807 niederließ.

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