< zurück Inhalt vor >
[ Band 5 Brief 83: Humboldt an Caroline Frankfurt, 23. Februar 1816 ]
wollen und findet sich auch sehr vergnügt und glücklich, wie es scheint. Die Cüstine hat mir neulich gesagt, que je me vantais au loin. Ich habe darauf versichert, daß ich mich nicht vantierte, aber daß es wahr wäre, daß ich Dir immer alles schriebe, und das einmal eine hergebrachte Sitte von mir wäre. Es ist natürlich nur Spaß, aber im Grunde muß ich doch bewundern, wie sich der Mensch um seine goldene Freiheit bringen läßt, selbst ich, der ich sonst ein ziemliches Talent habe, die meinige zu bewahren. Anfangs hielt ich es gar nicht nötig, zu ihr zu gehen, und war nach ihrer eigenen Versicherung in 18 Tagen einmal nicht dagewesen. Nach und nach hat sie durch Billetts so von Tag zu Tag mich gebeten, gequält, festgehalten, daß ich jetzt mich entschuldigen muß, wenn ich in dreien nicht hinkomme. Anfangs antwortete ich auch nicht auf die Billetts, auch dazu hat sie mich gezwungen. Neulich, als ich ihr sagte, daß die Abreise der Pappenheim *) mit ihren Töchtern nun auch eine corvée weniger in Frankfurt mache, sagte sie auch gleich: Dieu, que serait-ce si je partais, combien Vous seriez soulagé! Dem widersprach ich denn auch nur sehr schwach. Flemmingen und Bülow hat sie noch mehr in der Flucht. Die müssen eigentlich alle Tage hingehen, und wenn sie abends nicht können, so tun sie es Vor- oder Nachmittag. Dazu lasse ich mich aber doch nicht bringen, sondern bewahre meine Würde. Wenn Du im Mai herkommst, ist unstreitig Goethe hier. Schlosser erwartet ihn schon im Ende des folgenden Monats. Es würde mich sehr freuen, wenn ich ihn noch hier sähe und eine Weile mit ihm zusammen bliebe. Du hast vielleicht schon gehört, daß er ein Buch über die Rheingegenden schreibt, das sehr sonderbar sein muß. Es scheint eine Art Bericht, wie man diese Provinzen be- ——— *) Lucie Gräfin Pappenheim, Tochter des Staatskanzlers Fürsten Hardenberg, geb. 1776, † 1854. 191