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[ Band 5 Brief 82: Humboldt an Caroline Frankfurt, 13. Februar 1816 ]
hier, geht dann vielleicht nach Karlsbad und endlich nach Frank- reich. Von ihrem Schreiben sagt Flemming, der fast noch mehr Billetts bekommt als ich, sehr gut, daß es ihr wie nichts würde, ihre kleinen Buchstaben zu malen, aber man mit den Antworten gar nicht so leicht daran wäre. Doch antworte ich immer. Es ist eine Übung für die zahllosen Billetts, die man in Paris bekommt. Dir würde, glaube ich, die Cüstine gefallen. Sie ist heiter und liebenswürdig und hat doch dabei nichts anstößig Französisches, viel- mehr eine Einfachheit, die sehr auffallend ist, und an der man oft sieht, daß sie sich im Gefängnis gewöhnt hat, so auf alles, was nur der Plunder im Leben ist, Verzicht zu tun. In dieser Einfachheit stimmt sie sehr mit Dir überein. Allein sie hat keine Tiefe und ist weiter nicht innerlich interessant. Das machte Carolinen, als sie hier war, ordentlich ungerecht gegen sie. Allerdings muß man sie nicht mit ihr oder gar Dir vergleichen. Ich würde sie nicht ausgesucht haben, wenn sie mich nicht, wie sie selbst gesteht, gewissermaßen nötigte, aber so muß man ihr bis auf einen ge- wissen Punkt gut sein und kann immer das Gespräch mit ihr so wenden, daß es nie ganz leer ist. Die kleine Levy *) sehe ich jetzt manchmal bei ihr. Die gefällt sich gar nicht hier. Mit Hermann sehe ich es als ausgemacht an, daß er zu Türk kommt. Es ist gewiß das beste. Für mich tut es mir leid, ich liebe den kleinen Jungen sehr und sehe ihn jetzt vielleicht gar nicht oder in vielen Jahren wieder. Aber es ist nicht bloß nützlicher, sondern auch angenehmer für ihn. Unter mehreren Kindern in einer kleinen Stadt ist er viel glücklicher als in dem großen Paris allein mit lauter Erwachsenen. Nur die erste gänzliche Trennung wird ihm leid tun. Ich habe auch nicht anders gekonnt, als dem Staatskanzler zu schreiben, daß ich das Edikt nicht billigen kann. Er hatte mich ——— *) Vgl. S. 112. 188