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[   Band 5 Brief 72:    Caroline an Humboldt     Berlin, 13. Januar 1816   ]


Das Geschenk des Papstes freut mich sehr als Andenken, als
Beweis, daß er sich damit beschäftigt hat. Allein als Kunstwerk
wäre es mir freilich lieber gewesen, wenn er eine Statue oder an-
tikes Basrelief geschenkt hätte. Rauch meint auch, daß der
Medusenkopf für sich ist. Die iscrizione mußt Du, liebes Herz,
schon verdauen. Des Papstes Idee hat für mich etwas sehr Rührendes.
Wenn ich nach Rom komme, schenkt er mir nun auch gewiß einen
Rosenkranz. Er hat es das erstemal nicht getan. Und nach
Rom mußt Du mich doch noch einmal loslassen. Die Gräber am
Testaccio muß man doch noch einmal wiedersehen. Ich bekomme
manchmal eine solche unaussprechliche Sehnsucht dahin, daß ich mich
eines Stromes von Tränen nicht erwehren kann.
Pfuel war auch bei mir, lang und bis spät am Abend, und
empfiehlt sich Dir sehr. Er spricht äußerst hübsch, und die Welt und
die große Zeit finden viel neue, tiefe und originelle Anklänge in ihm.
Den Fürsten sah ich nicht wieder, doch empfing ich gestern ein
liebes, freundliches Billett von ihm aus Glienecke und Deinen Brief
an Adelheid. Der Fürst sagt mir, er werde bald wiederkommen,
um mich zu besuchen. Mich soll’s innig freuen. Ich liebe und
verehre ihn sehr.
Adieu, süßes Herz. Ewig Dein.


73. Humboldt an Caroline                   Frankfurt, 19. Januar 1816

Ich habe, liebe Seele, Deinen Brief vom 13. bekommen und
er hat mich sehr glücklich gemacht. Du sagst mir, daß
Du kein Zahnweh mehr hattest und nach einer ruhigen
Nacht Dich wohlbefandest. Ich bin aber ordentlich ängstlich, wie
Du, wenn Du nicht mehr in Berlin bist und also des nerven-
beruhigenden Einflusses entbehrst, Dich befinden wirst . . .

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